Ärzte entfernen Magen Uniklinik muss Schmerzensgeld nach Krebsdiagnose zahlen

Bonn · Ein Vergleich vor dem Bonner Landgericht ergab: Die Uniklinik muss nach einem Behandlungsfehler 70.000 Euro Schmerzensgeld an einen 62-jährigen Patienten zahlen.

 Die Uniklnik Bonn wurde auf Schmerzensgeld verklagt.

Die Uniklnik Bonn wurde auf Schmerzensgeld verklagt.

Foto: Benjamin Westhoff

Der Gewichtsverlust kam schleichend, konnte aber durch nichts erklärt werden. So ließ sich der 62-jährige Mann erstmals im Oktober 2015 untersuchen. In der Bonner Uniklinik wurde eine Magenschleimhaut-Entzündung diagnostiziert und auch behandelt. Der Gewichtsverlust aber wurde nicht gestoppt.

Ein halbes Jahr später wurde dem Mann schließlich bei einer Magenspiegelung eine Gewebeprobe entnommen. Die erschreckende Nachricht der Pathologen: Sie diagnostizierten ein Siegelringzellkarzinom. Daraufhin kam es zu weiteren Untersuchungen, aber CT und Ultraschall ergaben keine Hinweise auf ein Karzinom. Dennoch wurde von einem Ärztekonsilium („Tumorboard“) der Uniklinik im April 2016 die vollständige Magenentfernung beschlossen. Eine fatale Entscheidung: Denn die Histologen konnten anschließend keinen bösartigen Tumor feststellen.

Patient verklagt Uniklinik Bonn auf 75.000 Euro Schmerzensgeld

Ein gravierender Ärztefehler, so der 62-Jähige, der nach Entfernung seines gesunden Magens die Uniklinik auf 75.000 Euro Schmerzensgeld sowie Feststellung aller zukünftig noch eintretenden Folgen verklagt hat. Wie Gerichtssprecher Tobias Gülich mitteilte, wirft der Kläger den Medizinern der Klinik vor, dass sie einen Diagnosefehler gemacht haben, aber auch dass dem Tumorkonsilium mit Ärzten verschiedener Disziplinen ein grober Fehler bei der Befunderhebung unterlaufen ist. Sie hätten die sich widersprechenden Untersuchungsergebnisse nicht überprüft und – ohne weitere Kontrolle – die Magenentfernung angeordnet. Und das „bei einem so schwerwiegenden Eingriff, der nicht rückgängig gemacht werden“ könne. Schließlich sei seine Lebensführung erheblich eingeschränkt: Der heute 65-Jährige leidet an starker Leistungsreduzierung sowie Gewichtsverlust. Zwar könne er essen, aber stets nur kleinste Portionen, bis zu achtmal am Tag.

Uniklinik Bonn erklärt sich zu Vergleich bereit

Die Bonner Uniklinik wehrte sich gegen den Vorwurf des Klägers: Ein zweiter Befund wäre nicht geboten gewesen, nicht ausgeschlossen, dass das Karzinom nur in der Biopsie gewesen sei. Ein medizinisches Gutachten jedoch, von der Bonner Kammer eingeholt, kam zu folgendem Ergebnis: Der Schwerpunkt des Fehlers hätte nicht bei der Erstdiagnose gelegen, sondern dem Ärzte-Konsilium sei die widersprüchliche Diagnose nicht aufgefallen und sie habe sie nicht entsprechend kritisch beurteilt. Nach dem Hinweis der Kammer, dass hier ein eindeutiger Diagnose- und Befunderhebungsfehler vorliegt, erklärte die Bonner Uniklinik sich schließlich zu einem Vergleich bereit. Insgesamt zahlt sie jetzt 70.000 Euro Schmerzensgeld an den Kläger – und übernimmt auch sämtliche Prozesskosten. Der Vergleich wurde kurz vor Weihnachten rechtskräftig.

Das Aktenzeichen beim Landgericht lautet: LG Bonn 3 O 65/19

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