Kommentar zur Videoüberwachung Ungeschickter Vorstoß

Meinung | Bonn · Bonn ist eine vergleichsweise sichere Stadt. Aber auch eine Bedrohung, die nur gefühlt ist, macht Angst. Unter anderem mit diesem subjektiven Unsicherheitsempfinden vieler Bürger begründet die Stadtspitze um OB Sridharan ihre Forderung nach mehr Überwachungskameras an Straßen und Plätzen. Angst war jedoch noch nie ein guter Ratgeber.

Kameras können sinnvoll sein, natürlich. Im Idealfall schrecken sie Täter ab und helfen bei der Strafverfolgung – man erinnere sich an den versuchten Bombenanschlag am Bonner Hauptbahnhof, wo der Tatverdächtige von einer Überwachungskamera erfasst worden war. Werden die Bilder in der Polizeileitstelle live beobachtet, wie es in Düsseldorf geschieht, können die Beamten außerdem sofort eingreifen, wenn sich Unheil zusammenbraut.

Allerdings stehen die Kameras auch dort nur an Orten, die statistisch als Kriminalitätsbrennpunkte gelten. Das NRW-Polizeigesetz ist dabei zu starr an einer Mindestzahl von registrierten Straftaten ausgerichtet. Sinnvoller wäre es, der Polizei vor Ort mehr Entscheidungsfreiheit zu geben, wo sie aus ihrer täglichen Einsatzerfahrung heraus Kameras für zweckmäßig hält – wohl wissend, dass dabei auch schlichte Verdrängungseffekte auftreten, Probleme also nur verlagert werden.

Die Stadt sollte Sicherheitsfragen den Sicherheitsexperten überlassen. Der Vorstoß im Rat für eine eigene Entscheidungskompetenz wirkt, gelinde gesagt, unausgegoren. Obdachlose und Süchtige als Beobachtungsziele aufzulisten, zeugt zudem von wenig Fingerspitzengefühl. Und vorab nicht einmal die Ratskoalition einzubinden, ist politisch ungeschickt.

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