Bonner Katholiken Unbequeme Botschaften für Rom

BONN · Irgendwann ging es in den Arbeitsgruppen des neusten Dialogtreffens Bonner Katholiken im Münster-Carré richtig zur Sache.

Kritische Stimmen: Das Kirchenvolk - hier bei der Veranstaltung im Münster-Carré - will sich nicht mehr alles von oben gefallen lassen.

Kritische Stimmen: Das Kirchenvolk - hier bei der Veranstaltung im Münster-Carré - will sich nicht mehr alles von oben gefallen lassen.

Foto: Barbara Frommann

"Ich möchte mit dem Segen der Kirche wieder heiraten können", forderten Geschiedene. Er wolle für seine neue Partnerschaft zumindest eine liturgische Segensfeier in der Kirche, wünschte sich ein Mann. Es dürfe zudem für Wiederverheiratete keinen Ausschluss von den Sakramenten mehr geben. Sie sei es müde, immer mit der Angst zu leben, vom katholischen Arbeitgeber entlassen zu werden, weil ihr Privatleben nicht den Forderungen der Kirche entspreche, sagte eine Frau.

Über Homosexualität müsse es in der Kirche endlich offene, ja öffentliche Gespräche geben, meinten andere. "Wir müssen Gottesdienste anbieten dürfen, in denen homosexuelle Paare den Segen erhalten", so ein Mann. "Schicken wir diese Botschaften also nicht nur in unsere Gemeinden, sondern auch nach Rom."

"Franziskus hat gefragt - wir antworten" hieß es einen Nachmittag und Abend lang, als das Stadtdekanat zur Auswertung der Bonner Umfrageergebnisse zum Thema Ehe und Familie geladen hatte. Wie berichtet, hatten im Vorlauf der entsprechenden Bischofskonferenz mehr als 2000 Bonner an der Online-Umfrage des Papstes teilgenommen.

Nun sollten in Workshops die Konsequenzen für die Pastoral in Bonn wie auch Empfehlungen an die Synode erörtert werden. "Uns tut der Oberhäuptling in Rom gut. Deshalb sitzen wir hier", meinte Tagungsleiter Burkard Severin. Vor zwei Jahren wären ohne die Signale, die Papst Franziskus gegeben habe, so offene Worte wohl nicht gesprochen worden. Andererseits, der Papst möge noch so "toll" sein, fügte ein Teilnehmer hinzu, wenn aus Franziskus' Worten keine konkreten Schritte folgten, wären die Folgen umso tragischer.

Deshalb wolle man im Bonner Dialogprozess die Chance wahrnehmen, die Hoffnungen und Wünsche der Basis in die Gemeinden und über den Kölner Erzbischof auch nach Rom zu senden, machten andere Mut. "Ich will keine Totalität mehr in dieser Kirche haben, die Franziskus Kirche der Barmherzigkeit nennt", brachte ein Mann eine ganze Reihe Diskussionsbeiträge auf den Punkt. Einige wenige dürften in Zukunft nicht mehr die Macht besitzen, die Meinungen aller anderen zu ignorieren.

Woraufhin andere Teilnehmer den Fokus auf lokale Missstände setzten. Auch in Bonn sei in einer Gemeinde zum Beispiel eine jahrzehntelange Prozession verboten worden, nur weil das ein leitender Pfarrer so wolle. Empörung in der Runde. "Wir müssen mutiger auftreten. Wir dürfen uns von einzelnen Schwarzkitteln doch nicht Traditionen verbieten lassen."

Er bedauere, dass mit den gut zwei Dutzend Menschen an diesem wohl ungünstigen Freitag nur so wenige Teilnehmer ins Münster-Carré gefunden hätten, meinte am Rande Stadtdechant Wilfried Schumacher. Er freue sich aber, wie intensiv diese gearbeitet hätten. Man verfüge nun über wertvolle Anregungen, wie die Bonner Umfrageergebnisse umzusetzen seien. "Wir haben Impulse gesammelt, wie wir wichtige Fragen zu Ehe und Familie anpacken müssen." Einige schicke man nach Rom, mit anderen werde man in Bonn "genug zu tun" haben.

Die Ergebnisse

Im Rahmen einer speziellen Befragung hatte das Stadtdekanat Bonn 2014 eine bundesweit bislang einmalig komplexe Rückmeldung von Gläubigen zu Fragen zu Ehe und Familie vorgelegt. Darin erwarteten Bonns Katholiken von ihrer Kirche, dass sie sich mit ihnen auf den Weg zu einer "lebensnahen, evangeliumsgemäßen und jeden Menschen wertschätzenden Kirche" mache. Die Arbeitsgruppen des Treffens "Franziskus hat gefragt - wir antworten" werteten die Antworten am Freitag aus. Ihre Ergebnisse gehen jetzt in die Gemeinden. Kontakt unter www.katholisch-bonn.de.

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