Debatte um Lebensmittel Das sagen Bonner zu höheren Lebensmittelpreisen

Bonn · Viele Bonner sind bereit, höhere Lebenmittelpreise zu zahlen, damit die Landwirte von der Produktion leben können. Das hat eine GA-Befragung ergeben.

 Supermärkte bieten zahlreiche Produkte in unterschiedlichen Preisklassen an. Bio-Obst ist in der Regel relativ teuer.

Supermärkte bieten zahlreiche Produkte in unterschiedlichen Preisklassen an. Bio-Obst ist in der Regel relativ teuer.

Foto: Benjamin Westhoff

Landwirte, die für ihre Produkte leistungsgerechte Preise einfordern, Einzelhandelsketten, die staatliche Eingriffe befürchten, ein Krisengipfel bei der Kanzlerin – und mittendrin der Kunde. Der General-Anzeiger hat sich am Montag in der Stadt umgehört, wie die aktuelle Diskussion um Lebensmittelpreise wahrgenommen wird. Auch in Bonn gilt: Gute (und damit zumeist teure) Qualität ist willkommen, man muss sie sich jedoch leisten können.

Vor den Türen Bonner Filialen von Edeka, Rewe, Lidl und Aldi war am Montag von Kunden vor allem eines zu hören: Sie seien bereit, mehr zu zahlen, damit die Landwirte von der Produktion leben können und der Umwelt- und Tierschutz berücksichtigt wird. „Ich halte es für wichtig, regionale Händler zu unterstützen, und richte mein Einkaufsverhalten danach aus“, sagte etwa Alexandra Bahr (29). Alexandra Labitzke (48) sagte: „Ich versuche, keine Äpfel aus Chile einzukaufen, aber eine Mango oder eine Avocado wird eben nicht regional angebaut.“

Nicht jeder kann für Lebensmittel mehr zahlen

Für Bonn künden Statistiken einerseits regelmäßig von hoher Kaufkraft der Erwerbstätigen – womit zumindest sie die ebenfalls relativ hohen Lebenshaltungskosten abfedern können, zugleich aber liegt die Arbeitslosenquote mit zuletzt 6,3 Prozent in Bonn deutlich über dem Bundesdurchschnitt (4,9 Prozent). Zusammenhänge, auf die angesichts der aktuellen Debatte auch der Direktor der Bonner Caritas, Jean-Pierre Schneider, verweist. So sei „Fairness bei Lebensmittelpreisen absolut wichtig und ein Aspekt von nachhaltigem Wirtschaften. Diese Preise dürfen jedoch nicht ohnehin benachteiligte Familien noch stärker belasten“, sagt Schneider und erinnert an die zugleich stark steigenden Wohnkosten. Ähnlich sieht es Frank Waskow von der für Bonn zuständigen Verbraucherzentrale NRW: Hinsichtlich der Frage, inwieweit beispielsweise die Hartz-IV-Sätze zum Leben ausreichten, sei die Politik gefragt. Zugleich aber müsse man aufpassen, dass regionale Produkte auch künftig zu haben sind. Die Bereitschaft, mehr für Qualität zu zahlen, sei bei vielen Kunden jedenfalls gegeben – allerdings unter einer Grundvoraussetzung, so Waskow: „Die Kunden müssen klar erkennen und nachvollziehen können, wofür sie mehr bezahlen“.

Bioläden werden immer beliebter

Erkenntnisse darüber, inwieweit Preisveränderungen in den Geschäften sich auf die Nachfrage der Tafel auswirken, hat die Bonner Tafel nicht. Grund: Wöchentlich versorgt der Hilfsverein bereits 4500 Menschen, womit die Tafel ihre Kapazitätsgrenze erreicht hat. Erst in ein bis zwei Monaten, sagt Tafel-Sprecherin Beatrix Görtner, werde man überhaupt wieder neue Kunden aufnehmen können.

Zugleich erfreuen sich gerade in Bonn die zumeist etwas teureren Bioläden großer Beliebtheit. Sie werben damit, dass ihre Lieferanten auf Pestizide und Mineraldünger verzichten und ihren Tieren ausschließlich ökologisches Futter geben. Besonders in der Nordstadt herrsche ein großes Bewusstsein dafür, sagt etwa ein Mitarbeiter, der dort in einem Bioladen arbeitet. Die meisten Kunden seien 45 bis 65 Jahre alt, aber auch viele Studenten kauften regelmäßig bei ihm ein. Durch Einfluss der Medien steige das Bewusstsein für nachhaltige und gesunde Ernährung. Das animiere viele Kunden, mehr Geld beim Wocheneinkauf auszugeben

Unterdessen blieben auch die Bauern der Region am Montag bei der Warnung vor einem „massiven Strukturwandel: Niedrige Preise und ständig steigende Kosten etwa durch die Anhebung des Mindestlohnes machten es hiesigen Landwirten zunehmend schwer, wettbewerbsfähig zu bleiben und weiter zu existieren, erklärten sie über den Rheinischen Landwirtschaftsverband. Die Folge: Immer mehr Lebensmittel müssten aus anderen Ländern der Welt eingeführt werden, obwohl gerade in Deutschland Lebensmittel unter besonders hohen Standards erzeugt würden.

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