Porträt über den Bonner Bundestagskandidaten Ulrich Kelber, der Unbesiegbare

Bonn · SPD-Kandidat Ulrich Kelber holt gegen den Abwärtstrend seiner Partei zum fünften Mal in Folge den Adenauer-Wahlkreis Bonn. Er gilt als bürgernah, geht aber auch keiner Diskussion aus dem Weg.

Jubel über den Einzug in den Bundestag 2002: Ulrich Kelber und seine Frau Pia Maria Klaßmann.

Jubel über den Einzug in den Bundestag 2002: Ulrich Kelber und seine Frau Pia Maria Klaßmann.

Foto: Barbara Frommann

Bis zum Schluss hat Ulrich Kelber gebangt: Jetzt hat er zum fünften Mal das Direktmandat in Bonn geholt. Kelber, der Unbesiegbare. Den seine eigenen Parteifreunde in Stich ließen, als sie ihn, mittlerweile zum Staatssekretär aufgestiegen, auf der Landesliste nicht absichern wollten.

Die umstrittene Erststimmenkampagne der Internet-Bürgerbewegung Campact für Kelber hat auf den letzten Metern womöglich auch ihren Beitrag zu seinem Sieg geleistet. Trotzdem ist sein Jubel – anders als 2013 – verhalten. „Bundesweit müssen SPD und CDU einen tiefen Einbruch hinnehmen“, zeigt sich Kelber zudem auch geschockt über das Abschneiden der AfD.

Obgleich er 1968 in Bamberg das Licht der Welt erblickte, kann man Kelber als „bönnschen Jung“ bezeichnen. Er ist in Bonn aufgewachsen und hat sein Abitur am Ernst-Kalkuhl-Gymnasium absolviert. Sein Vater, der ehemalige Bundesvorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs, Karl Ludwig Kelber, hatte in Bonn eine Stelle angenommen und war schon vor Ulrich Kelbers Geburt an den Rhein gezogen.

Das Unmögliche in der CDU-Hochburg Bonn

Aufgewachsen in einem politisierten Elternhaus, fand der studierte Informatiker seine politische Heimat früh in der SPD, in die er mit 17 eintrat. Sprecher der Juso-Bundeskommission Umwelt und Energie, Vorsitzender der Bonner SPD, Mitglied des SPD-Bundesvorstands, Ratsherr, Landtagskandidat, seit 2000 als Nachrücker Bonner Bundestagsabgeordneter, Vize-Bundestagsfraktionsvorsitzender und seit 2013 Staatssekretär beim Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz: Quasi sein ganzes bisheriges Erwachsenenleben hat sich Kelber der Politik gewidmet. Und trotzdem hat er parallel hauptberuflich zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter am GMD-Forschungszentrum und anschließend als Berater für die Firma Comma Soft gewirkt.

Erst 2002, als ihm das bis dahin in der CDU-Hochburg Bonn für unmöglich Gehaltene gelang und er den Adenauer-Wahlkreis direkt holte, hängte er seinen Job an den Nagel. Zuvor hatte er als Nachrücker für Rudolf Dressler, der als Botschafter nach Israel berufen worden war, schon zwei Jahre im Bundestag gesessen.

Vier Mal hatte der heute 49-Jährige seither den Wahlkreis Bonn direkt geholt – obwohl die CDU bei den Zweitstimmen jeweils vorne lag. Mit der CDU-Kandidatin Claudia Lücking-Michel hatte er 2013 erstmals eine ernstzunehmende Konkurrentin: Kelber gewann erneut, aber knapp mit 1177 Stimmen Vorsprung. Dennoch verbuchte er einen persönlichen Erfolg: Kelber erhielt 21.044 Erststimmen mehr als die SPD in Bonn an Zweitstimmen gewonnen hatte und verbuchte damit den größten Stimmenvorsprung aller 299 Wahlkreiskandidaten der SPD.

Ausgewiesener Energie- und Umweltpolitiker

Einen Namen hat sich der fünffache Familienvater, der mit seiner Frau Pia und den Kindern seit vielen Jahren in Beuel lebt, vor allem als ausgewiesener Energie- und Umweltpolitiker gemacht. Sein Einsatz vor allem für erneuerbare Energie und gegen die Kohle hat ihm in den eigenen Reihen aber nicht nur Freunde beschert. Kelber gilt als der Grüne unter den Roten. Die Quittung: Kelber blieb ein sicherer Platz auf der Landesliste der SPD verwehrt.

Für seine Heimatstadt hat er in Berlin mit Herzblut gekämpft. Mit Katja Dörner (Grüne) und Claudia Lücking-Michel (CDU) kämpfte er dafür, dass der Bund das Beethovenhoven-Jubiläum 2020 mit 27 Millionen Euro unterstützt. Vor allem sein Einsatz für die Einhaltung des Berlin-Bonn-Gesetzes hat ihm bei den Bonnern Sympathien beschert. Überhaupt ist Kelber beliebt. Er gilt als bürgernah, hat ein Ohr für die Probleme der kleinen Leute. Er geht aber auch keiner Diskussion aus dem Weg.

Kelber eckt an

Manchmal eckt der Mann, der nicht nur dank seiner stattlichen Statur – er misst 1,97 Meter – raumfüllend auftritt, aber auch an. Wenn Kelber Kritik einstecken muss, die er persönlich als ungerecht empfindet, kann es für sein Gegenüber auch schon mal sehr ungemütlich werden. Auf einige Zeitgenossen wirkt er manchmal zu rechthaberisch, gerade wenn es um Sachthemen geht, von denen er besonders viel versteht.

Kelbers Tatendrang war in all den Jahren bislang ungebrochen groß. Etwas anderes als einen vollen Terminkalender kennt er kaum. Trotzdem versucht der Vollblutpolitiker auch, seine Familienaufgaben zu erfüllen. Da kann es schon passieren, dass er während eines dienstlichen Telefonats immer wieder mal den Hörer niederlegen muss, weil eines seiner fünf Kinder etwas von ihm will.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort