Klagelieder und Schläge auf die Brust Trauermarsch der Schiiten zieht durch Bonn

BONN · Mancher der wenigen Passanten, die am Dienstagnachmittag auf der Maxstraße unterwegs waren, schien das Schauspiel bereits zu kennen. Wieder einmal hatten sich rund 50 überwiegend jüngere Männer in der Bonner Nordstadt versammelt.

Die kopfschüttelnde Empörung, die die Schiiten mit ihren rhythmischen Gebeten und der symbolisierten Selbstgeißelung noch vor wenigen Jahren in der Öffentlichkeit ausgelöst hatten, erzeugten sie dort diesmal jedenfalls nicht. Hingegen blieben einige Fußgänger stehen, gesellten sich zu den wartenden Polizisten und sahen sich das Schauspiel interessiert an.

Regelmäßig begeht die schiitische Gemeinde Qamar Bani Hashim den Todestag ihres Märtyrers Hussain, Nachkomme des Propheten Mohammed, mit einem Trauermarsch. Ihn begannen die durchweg schwarz gekleideten Teilnehmer – vorwiegend mit pakistanischen, indischen, irakischen und iranischen Wurzeln – am Dienstag auf dem Boden sitzend mit Gebeten und Klageliedern.

Später zogen sie, unter Gesang einige Meter durch die Maxstraße, wobei sie sich rhythmisch auf die nackte Brust schlugen. Weitergehende Selbstverletzungen zum Ausdruck der Trauer – im Irak kommen dabei durchaus auch scharfe Klingen zum Einsatz – sind in Bonn ordnungsrechtlich untersagt.

Hussain gilt als zentrale Figur im schiitischen Islam und war vor knapp 1400 Jahren in der Schlacht von Kerbela getötet worden. Bereits im Juni hatten die Schiiten mit einer Prozession in der Wenzelgasse des Imams Ali gedacht, eines Vetters Mohammeds. Beide Gedenkveranstaltungen sollen nach Angaben eines Sprechers vor Ort auch künftig in Bonn stattfinden – einmal im Frühsommer und einmal im Herbst.

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