Bonner Stadtverwaltung und Polizei Ton gegenüber Beamten wird rauer

BONN · Wer im öffentlichen Dienst arbeitet, muss sich mitunter eine ganze Menge anhören. Und bisweilen werden Kunden richtig rabiat. Das ist der Eindruck vieler Mitarbeiter, die ihrem Unmut auch gegenüber den Gewerkschaften zum Ausdruck bringen.

 Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst ist jetzt auch Thema in Berlin.

Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst ist jetzt auch Thema in Berlin.

Foto: dpa

Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat aus diesem Grund für Dienstag zu einer Pressekonferenz nach Berlin eingeladen. Überschrift: „Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst“.

Das bundesweite Phänomen gibt es auch in Bonn. „Wir beobachten, dass die Hemmschwelle in den vergangenen Jahren immer weiter gesunken ist“, sagte Christoph Busch, Vorsitzender der örtlichen Beamtengewerkschaft Komba und Personalrat der Stadtverwaltung. Seine Gewerkschaftskollegin Ninja Kernig, früher selbst im städtischen Sozialamt tätig, weiß von Kolleginnen und Kollegen, dass es bereits einige ernste Vorfälle gegeben hat.

Beispielsweise war ein Amoklauf über das soziale Netzwerk Facebook angekündigt worden: „Game over for all“, hatte der Schreiber angekündigt. Im Oktober 2015 musste sich der drogenabhängige Mann dafür vor dem Bonner Amtsgericht verantworten. So extrem wird es indes selten. Busch betrachtet aber vor allem die veränderte Wortwahl in der Sozialverwaltung und bei den Jobcentern mit Sorge: „Der Ton wird rauer.“ Allerdings seien bereits einige sinnvolle Maßnahmen ergriffen worden.

Die Stadt sieht sich beim Thema gut aufgestellt. „Wir legen großen Wert auf individuelle Lösungen, die gemeinsam mit den einzelnen Fachbereichen und Mitarbeitern, der Arbeitssicherheit und dem Personalrat entwickelt werden“, sagt Vize-Stadtsprecher Marc Hoffmann. In den Gebäuden der Verwaltung habe es in den vergangenen Jahren weniger handgreifliche als vielmehr verbale Übergriffe gegenüber den Mitarbeiter gegeben.

Neun befristete Hausverbote wurden 2015 für die verschiedensten Bereiche der Verwaltung erteilt. Die Kollegen können Alarm auslösen, „Notfallknöpfe“ ermöglichten einen Direktkontakt zur Polizei. Jegliche Übergriffe würden zur Anzeige gebracht. Die Komba hält es darüber hinaus für sinnvoll, eine neue Stelle zu schaffen, einen Ansprechpartner für Angestellte und Beamte, um über etwaige Vorfälle zu sprechen. „Die Feuerwehr hat beispielsweise einen Seelsorger“, so Kernig.

Im Jobcenter Bonn lagen die Zahlen der Hausverbote in den vergangenen Jahren auf ähnlichem Niveau, teilte Sprecher Markus Waschinski mit. 2015 Jahr waren es 17, im Vorjahr 13 und davor 15 erteilte Hausverbote bei Drohungen oder Beleidigungen. Einen gewalttätigen Übergriff habe es noch nicht gegeben. Nachdem eine Jobcenter-Mitarbeiterin 2012 in Neuss mit einem Messer von einem Kunden getötet wurde, hat die Bonner Behörde, über die Bürger das Arbeitslosengeld II (Hartz IV) beziehen, Doppelbüros mit Schiebetüren eingerichtet. Auch stiller Alarm kann ausgelöst werden.

Udo Schott, Vorsitzender der Bonner Polizeigewerkschaft, regen vor allem die Respektlosigkeiten gegenüber Beamten auf. „Spucken, schlagen und treten haben zugenommen“, sagt er. Zu schaffen mache den Kollegen auch, dass viele Bürger zum Handy greifen, Unterhaltungen mitschneiden und im Internet als Film einstellen. „Das aber verletzt die Privatsphäre.“

Der Gewerkschafter wünscht sich auch eine stärkere Sanktionierung durch die Justiz. „Zu viele Verfahren werden gar nicht erst eröffnet oder wieder eingestellt.“ Polizisten seien kein Freiwild. Um das zu unterstreichen, bedürfe es einer konsequenten Strafverfolgung. Schott hat den Eindruck, dass das Problem im Polizeipräsidium zumindest erkannt sei. Er macht sich auch für den Einsatz von Elektroschockern („Tasern“) stark. Die könnten helfen, Angreifer abzuwehren, ohne zur Schusswaffe greifen zu müssen.

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