Prozessauftakt in Bonn Tötung eines Obdachlosen beschäftigt das Schwurgericht

Bonn · Ein Freund des Opfers ist wegen Totschlags angeklagt. Am ersten Verhandlungstag im Bonner Landgericht schweigt der Mann zu den Vorwürfen und beschimpft Zeugen.

Hat der Mann auf der Anklagebank seinen Freund aus der Bonner Obdachlosenszene am 17. Dezember totgeschlagen und in einer Garage in der Kesselgasse versteckt? Staatsanwältin Claudia Trauzettel ist davon überzeugt, da Genspuren am Tatort auf den ebenfalls obdachlosen Angeklagten weisen. Sie hat den 26-jährigen Polen wegen Totschlags angeklagt. Der sitzt nun vor dem Schwurgericht, schweigt zu den Vorwürfen – und lächelt. Nur einmal verliert er bei der Aussage eines Landsmanns die Fassung und schreit los.

Dass der 26-Jährige zu lautstarkem, aggressivem Verhalten neigt, bestätigen einige Zeugen an diesem Tag. Und der Angeklagte stellt es selbst unter Beweis, als der 37-jährige Landsmann im Zeugenstand vom Schwurgerichtsvorsitzenden Josef Janßen befragt wird.

Der ebenfalls Nichtsesshafte erklärt, dass er sich vom Angeklagten distanziert habe, weil ihm dessen Verhalten nicht gefallen habe. Bei der Polizei war der Zeuge deutlicher geworden: „Er war aggressiv wie ein unartiges Kind“, hatte er über den Angeklagten gesagt. Der habe andere Leute grundlos angeschrien und beleidigt. Und Artur F., der später Getötete, ein friedlicher und ruhiger Mensch, der ständig mit dem Angeklagten zusammen war, habe ihm berichtet: Der 26-Jährige habe ihn einmal krankenhausreif geschlagen.

Da schreit der 26-Jährige den Zeugen auf Polnisch an. Was die Dolmetscherin übersetzt, ist eine üble Beleidigung. Richter Janßen macht dem 26-Jährigen klar: „So einen Ausfall will ich nicht noch mal erleben, sonst kriegen Sie richtig Ärger.“ Der Angeklagte entschuldigt sich schleunigst.

Der Zeuge schildert auch, wie er den Angeklagten und das Opfer am Nachmittag des Tattages gesehen habe. Artur F. habe total geschwollene Augen gehabt, und der Angeklagte habe erklärt, Artur sei in Hamburg, wo sie gerade herkämen, von Kumpels verprügelt worden. Artur habe nur genickt.

Die Anklage geht davon aus, dass Artur F. zwischen 18.30 und 20 Uhr abends vom Angeklagten getötet wurde. Denn die Bankangestellte, die ihr Auto immer in der Garage abstellte, hatte ihn abends dort noch nicht gesehen, sondern erst am nächsten Morgen. Da war sie aber davon ausgegangen, dass er dort nur schlief. Erst abends hatte sie erkannt, dass mit dem Mann etwas nicht stimmte und Hilfe geholt. Artur F. war tot, er verblutete.

Am Tatabend traf der Angeklagte auf dem Weg zum Bahnhof zwei Bekannte. Die schildern nun, der Angeklagte habe ihnen mit Angst im Gesicht gesagt, sein Freund sei von Südländern totgeschlagen worden, und habe auf seine blutbefleckte Hose gezeigt. Die Männer rieten ihm, die Polizei zu rufen. Doch der Angeklagte war nach Hamburg geflüchtet, wo er zwei Tage später verhaftet wurde. In Hamburg war er auch zur Fahndung ausgeschrieben als Verdächtiger eines Raubmords an einer Seniorin.

Der Haupttäter in dem Fall ist bereits verurteilt. Das Verfahren gegen den 26-Jährigen läuft noch, aber er gilt seinem Anwalt zufolge nicht als mehr als verdächtig. Ob er in Bonn seinen Freund tötete, muss nun das Schwurgericht klären.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort