Streit zwischen Sport und Kultur Theaterzuschuss steigt auf 29 Millionen Euro

Bonn · Der Streit zwischen dem Stadtsportbund und Ratspolitikern sowie der Stadtspitze geht weiter. Es geht dabei vor allem ums Finanzielle. Ein Überblick über die aktuelle Situation.

Sie spalten die Gesellschaft, sie führen eine Neiddebatte – das sind die Vorwürfe, die sich die Sportvereine von Ratspolitikern und Stadtspitze anhören müssen, seitdem sie massiv Front gegen eine Vertragsverlängerung für den städtischen Theaterchef Bernhard Helmich machen. Der Stadtsportbund Bonn (SSB) will den Vertragsabschluss notfalls mit einem Bürgerbegehren aufhalten. Der GA gibt einen Überblick über die aktuelle Situation.

Warum geht der Stadtsportbund so vehement vor?

Die Sportler argumentieren mit der Finanznot der Stadt, die immer dramatischer wird. Ihre Befürchtung: Wenn bei Oper und Schauspiel in den nächsten Jahren nicht mehr gespart werden kann, trifft es andere Bereiche um so härter. Denn die Stadt ist im Haushaltssicherungskonzept, steht also unter verschärfter Finanzaufsicht der Bezirksregierung Köln. Mit der geplanten Verlängerung des Generalintendantenvertrags würde schon jetzt festgezurrt, wie hoch die Theaterzuschüsse zwischen 2018 und 2023 sein werden; der Rat könnte die Summen auch in größter finanzieller Bedrängnis nicht mehr reduzieren. Helmichs Vertrag soll wohl fünf Jahre laufen, der Jahreszuschuss dürfte rund 29 Millionen Euro betragen – macht zusammen etwa 145 Millionen Euro.

Wie positioniert sich der Rat?

Die Koalition aus CDU, Grünen und FDP hält sich offiziell noch bedeckt und will nach Einbringung des Doppeletats 2017/2018 entscheiden, den der Kämmerer dem Rat in der Juni-Sitzung vorlegen will. Alle drei Fraktionen bekennen sich aber zu Helmich, dessen bisherige Arbeit sie schätzen. Die Signale aus den meisten Fraktionen lassen vermuten, dass der Rat den Vertrag in den nächsten Monaten verlängern wird – auch, um eine Bonner Blamage im Beethoven-Jubeljahr 2020 zu vermeiden.

Welche Rolle spielt die Pantheon-Rettung?

Das Theater verzichtet auf die Halle Beuel als Spielstätte zugunsten des Kabaretts. Dafür ließ sich Helmich vom Rat den Erhalt der Kammerspiele Godesberg garantieren. Gleichzeitig sicherte der Rat zu, dass das Theater auch nach 2018 ohne qualitative und quantitative Einschnitte weitermachen könne. Darauf beruft sich Helmich jetzt und erklärt, das Sparpotenzial sei weitgehend ausgeschöpft.

Wie finanziert sich das Theater?

Aus einem Stadtzuschuss, einem Landeszuschuss (zuletzt 1,25 Millionen Euro) und den Kartenerlösen. Die Eintrittspreise werden gerade erhöht – im Schnitt um 3,6 Prozent, in einigen Kategorien aber auch deutlich stärker. Der städtische Jahreszuschuss beträgt in der laufenden Spielzeit 28,2 Millionen Euro - mit Abstand der dickste Brocken bei den freiwilligen Leistungen der Stadt. In der Spielzeit 2016/2017 sind bereits 28,6 Millionen Euro vorgesehen, danach 29,03 Millionen. In dieser Planung sind allerdings die jüngsten Tariferhöhungen für Beschäftigte im öffentlichen Dienst (plus 4,75 Prozent) noch nicht voll eingepreist.

Hat das Theater schon gespart?

Ja. Vor Helmichs Amtsantritt 2013 hatte der Rat den Zuschuss um rund 1,6 Millionen auf 28 Millionen reduziert; der Intendant musste Kostensteigerungen etwa für Energie im eigenen Etat auffangen. Helmich kürzte nach eigenen Angaben pauschal bei Gagen, Kostümen und Bühnenbildern und baute im Saldo 18 Planstellen ab.

Warum steigt der städtische Zuschuss trotzdem?

Vor allem wegen der Tariferhöhungen für die Mitarbeiter (356 Vollzeitstellen), die von der Stadt zusätzlich zum Zuschuss übernommen werden – in der Regel alle zwei Jahre. Wie stark dieser Hebel wirkt, zeigt der Tarifabschluss von 2014 (plus 5,5 Prozent): In der Spielzeit 2013/2014 löste er nach Stadtangaben Mehrkosten von 237.793,48 Euro aus, in der Spielzeit 2014/15 waren es dann schon 805.684,79 Euro. Auch die Produktionskosten bergen Risiken: Bis zum Sommer rechnet das Theater hier mit einer Budgetüberschreitung von rund 300 000 Euro – unter anderem wegen der Verpflichtung von externen Künstlern und Tantiemen für das laufende Musical.

Wie entwickelt sich die Gesamt-Auslastung?

Seit Helmichs erster Spielzeit leicht rückläufig. Wenn man die voll bezahlten Karten zugrunde legt: von 68,8 Prozent in der Spielzeit 2013/2014 auf 60,6 Prozent in der Folgespielzeit. Zum Januar 2016 stieg sie wieder auf 63,4 Prozent, inzwischen liegt sie laut Theater bei 66,9 Prozent – es geht also aufwärts. Weil Helmich die Zahl der Veranstaltungen erhöhte, kamen im Vergleich zur Vorgänger-Intendanz mehr Zuschauer: ein Plus von rund 22 500 bis April 2016, so das Theater – verbunden mit Mehreinnahmen von 492 616 Euro.

Was kostet die Sanierung von Opernhaus und Kammerspielen?

Das wird noch ermittelt, heißt es bei der Stadt. Das Theater selbst kalkuliert für die Oper 37 Millionen Euro für bloße Mängelbeseitigung, eine Modernisierung dagegen mit 75 Millionen Euro. Für die Kammerspiele rechnet es mit 5,8 bis zwölf Millionen Euro.

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