Fachtagung im Uni-Club Technik für mehr Selbstständigkeit im Alter

Bonn · 70 Prozent der Menschen im Alter von mehr als 70 Jahren haben keinen Zugang zum Internet. Damit bleiben ihnen auch viele technische Hilfsmittel verschlossen, die das Leben im Alter erleichtern können. Anlässlich des Wissenschaftsjahres 2013 unter dem Motto "Die demografische Chance" hat das Bundesbildungsministerium die Initiative "Senioren-Technik-Botschafter" gestartet.

 Ursula Lehr, Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen, bei der Tagung im Uni-Club.

Ursula Lehr, Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen, bei der Tagung im Uni-Club.

Foto: Barbara Frommann

Teilnehmer aus ganz Deutschland treffen sich zurzeit in Bonn, um ihre Projekte vorzustellen, in denen es um Wissensvermittlung von Älteren an Ältere geht.

"Einige suchen ältere Menschen zu Hause auf - was ich am besten finde. Andere bieten ein Internetcafé an", berichtete Ursula Lehr gestern bei der Fachtagung im Uni-Club. Die Alternsforscherin ist Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO) mit Sitz in Bonn.

Die "Demografische Chance" biete für jeden Einzelnen "die Möglichkeit, ein hohes Lebensalter zu erreichen". Mit technischer Unterstützung könnten Senioren länger in der eigenen Wohnung leben. "Es ist auch einen Chance für Wirtschaft und Industrie, solche Geräte zu entwickeln", so Lehr. Die Technik-Botschafter sollen deshalb auch Rückmeldung geben, welche Technikprodukte geeignet sind und welche nicht.

Ein Beispiel: Es gibt so viele verschiedene Fernbedienungen für Fernseher, dass damit auch jüngere Menschen Probleme haben. Technik im Alter reicht von Haustechnik, die ermöglicht, vom Sofa aus das Fenster zu schließen, bis hin zu medizinischen Geräten und Kommunikationsmitteln gegen die Einsamkeit. Lehr berichtete von einer 93-Jährigen, die dank Skype wieder Kontakt zu ihrem Sohn in Australien aufnimmt.

Die öffentliche Wahrnehmung von Senioren sei besser geworden, findet Lehr. Der sechste Altenbericht der Bundesregierung zum Thema "Altersbilder in der Gesellschaft" zum Beispiel habe Altersgrenzen infrage gestellt. Die Mitglieder der BAGSO beschäftigen sich bei ihrer Fachtagung "An die Zukunft denken" im November in Bonn mit vorausschauender Lebensplanung. Die beginnt nicht erst mit dem Eintritt in die Rente.

"Mit der Wohnsituation und der Betreuungssituation sollte man sich schon als jüngerer Mensch auseinandersetzen", sagt Ursula Lehr. Wichtig sei zum Beispiel, Konto- und Betreuungsvollmachten zu erteilen, da sonst ein Fremder als Betreuer eingesetzt werden könne. Lebenslanges Lernen funktioniert aus ihrer Sicht automatisch: "Leben heißt lernen."

Zur Person

Prof. Dr. Dr. Ursula Lehr (83) war von 1988 bis 1991 Bundesministerin für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit. Als Psychologin hat sie sich zunächst mit frühkindlicher Entwicklung beschäftigt, in ihrer Habilitation dann mit Frauen im Beruf. Als CDU-Ministerin forderte sie später die Öffnung von Kindergärten für Kinder ab zwei Jahren. Lehr hatte ab 1986 den ersten deutschen Lehrstuhl für Gerontologie an der Universität Heidelberg inne. Sie lebt in Bad Godesberg.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort