Bauvorhaben in Bonn Straßen NRW hält an Neubau des Tausendfüßlers fest

Bonn · Trotz Beschwerden von Anwohnern hält Straßen NRW am Abriss und Neubau des Tausendfüßlers fest. Sollte sich der Bau verzögern, drohen Tempolimits und Fahrverbote.

Projektleiterin Friederike Schaffrath und Ingenieur Martin Fuchs von Straßen NRW während eines Pressetermins am Bonner Tausendfüßler.

Projektleiterin Friederike Schaffrath und Ingenieur Martin Fuchs von Straßen NRW während eines Pressetermins am Bonner Tausendfüßler.

Foto: Nicolas Ottersbach

Rein rechnerisch bleiben dem Bonner Tausendfüßler noch drei Jahre. Dann hat er seine Nutzungsdauer erreicht und ein Neubau muss her. "Die Brücke bricht danach nicht zusammen, aber sie ist überlastet", sagt Friederike Schaffrath, die das Projekt für den Landesbetrieb Straßen NRW leitet. Und wenn das Bauwerk der A 565 überlastet sei, müsse sich Gedanken darüber gemacht werden, wie man es entlaste. Die Maßnahmen, die Schaffrath und ihre Kollegen am Dienstag erläutert haben, sind drastisch: Tempolimits und Fahrverbote, vor allem für den Schwerlastverkehr, seien denkbar. "So wie auf der Rheinbrücke bei Leverkusen."

Dieses Szenario wollen die Planer unbedingt verhindern - denn es würde für massive Einschnitte sorgen. "Wir haben hier in Bonn das Problem, dass wir den Verkehr nicht kleinräumig umleiten können." Auf dem Kölner Autobahnring sei das anders. Auch auf die Baustelle selbst wirke sich diese Situation aus. Man könne den Tausendfüßler nicht einfach abreißen und neu errichten, sondern müsse stets dafür sorgen, dass der Verkehr in beide Richtungen fließen kann.

Neubau transportiert 115.000 Fahrzeuge pro Tag

Die Pläne dafür sind schon fertig. In etwas mehr als sechs Jahren, von Ende 2021 bis 2027, soll zwischen dem Autobahnkreuz Bonn-Nord und der Anschlussstelle Endenicher Ei eine neue, sechsspurige Brücke entstehen. Statt der bislang 70.000 Fahrzeuge pro Tag soll die Strecke dann für etwa 115.000 ausgelegt sein. "Wir rechnen 2030 mit einem Verkehrsaufkommen von 102.000 Fahrzeugen pro Tag", sagt Schaffrath. Heute sind es rund 93.000. Dazu gehören neue Lärmschutzwände, die trotz mehr Verkehrs die Umgebung leiser machen sollen - an der höchsten Stelle sind sie mindestens zwölf Meter hoch.

Insgesamt vier Bauphasen sind für die neue Brücke notwendig. Die erste, die etwa eineinviertel Jahre dauert, bemerken die Autofahrer kaum, weil die bisherige Verkehrsführung beibehalten bleibt. Darunter werden Stützwände errichtet. Sie haben eine ähnliche Funktion wie die jetzigen Böschungen an der Brücke. Mit dem Unterschied, dass sie später am oberen Ende mehr Platz bieten, weil sie nicht spitz zulaufen - bei gleicher Grundfläche.

In Phase zwei, die bis etwa 2024 dauern soll, wird mit dem neuen Tausendfüßler begonnen, der östlich der jetzigen Brücke liegt. Dafür werden die Ausfahrt der Anschlussstelle Tannenbusch und zeitweise die Auffahrt Endenich gesperrt. Bis dahin muss auch der mehrspurige Turbokreisel am Potsdamer Platz fertig sein, weil er den Verkehr besser lenkt, wie Schaffrath erläutert. Sie schätzt, dass er schon ab 2021 umgebaut wird. "Das geht schnell, weil die Fahrbahn nur nach innen verbreitert wird." Er wird danach voraussichtlich bestehen bleiben, da er leistungsfähiger als der bisherige Kreisverkehr ist und die Stadtverwaltung den Umbau früher ohnehin selbst geplant, aber wieder verworfen hatte.

In Bauphase drei wird der alte Tausendfüßler abgerissen und der Verkehr über die neue Brückenhälfte geführt. Anschließend errichten die Arbeiter die westliche Hälfte der neuen Brücke. In dieser Zeit, die etwa anderthalb Jahre dauert, ist die Anschlussstelle Tannenbusch gesperrt.

Danach folgte der letzte Abschnitt, in dem der Verkehr auf die neu hergestellte westliche Fahrbahn umgelegt und die zu Beginn errichtete östliche Hälfte an sie herangeschoben wird. So wird aus zwei Hälften eine neue Brücke, die zudem eine neue östliche Rampe bekommt. "Für all das brauchen wir Platz", sagt Schaffrath. Baumaschinen müssen abgestellt und Materialien gelagert werden. Beim Abriss des alten Bauwerks könnten die Bagger nur seitlich daneben stehen. Dass das bei den betroffenen Anliegern für Unmut sorgt, kann sie verstehen. "Aber das ist die Variante mit den geringsten Auswirkungen, woanders sind viel mehr Menschen betroffen", sagt sie. Das Tierheim müsse in dieser Zeit auf Flächen verzichten, einige Zwinger stehen direkt unter der Brücke. Im naheliegenden Gewerbepark muss ein Gebäudeteil weichen. An anderen Stellen stehe das ebenfalls zu Diskussion, sei aber noch nicht endgültig geklärt. In der gesamten Bauphase fielen die Parkplätze unter dem Tausendfüßler weg, die danach allerdings wieder zu Verfügung stünden.

Mit Stadtwerken und Bahn müssten Sperrphasen abgesprochen werden, weil die Brücke über Gleise führt und dazwischen Pfeiler errichtet werden. "Wir können jetzt noch nicht sagen, wann wo genau gebaut wird." Wie der Bauunternehmer, der vom Landesbetrieb beauftragt werde, sich organisiere, sei ihm überlassen. "Sicher ist, dass nicht sechs Jahre über die komplette Länge gebaut wird."

Ende des Jahres soll das Planfeststellungsverfahren starten, in dem dann die Anlieger Einwände vorbringen können. "Dann folgt ein Erörterungstermin mit der Bezirksregierung", sagt Schaffrath. Darin wird entschieden, was höher hängt: das Allgemeinwohl oder die persönlichen Befindlichkeiten der Betroffenen. Kann man sich nicht einigen, können die Anlieger vor Gericht ziehen - was den Bau verzögern könnte. "Wir sind deshalb schon jetzt darum bemüht, Lösungen zu finden." Dabei gehe es um Ausweichflächen, aber auch Entschädigungen.

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