Brandstiftungen in Bonn Taten bleiben ungesühnt

BONN · Die Hände gebunden sind der Staatsanwaltschaft im Fall eines 13-Jährigen, der von der Polizei verdächtigt wird, zur Jahreswende in Tannenbusch zwei Brände in Tiefgaragen gelegt zu haben.

"Der Junge war noch nicht strafmündig, und deshalb darf die Staatsanwaltschaft gegen ihn nicht ermitteln", erklärt Oberstaatsanwältin Monika Volkhausen auf Anfrage. Junge Kriminelle können in Deutschland erst mit 14 Jahren belangt werden. Dabei spielt es auch keine Rolle, dass bei beiden Bränden Menschenleben in mehreren Wohnblocks in Gefahr waren. Die Feuerwehr konnte die Flammen rechtzeitig löschen, es entstand jedoch hoher Sachschaden.

Der 13-Jährige ist für die Polizei alles andere als ein Unbekannter: Eine Sonderermittlungsgruppe um Kriminalhauptkommissar Klaus Roost war ihm und einer Gruppe von neun Gleichgesinnten im Sommer 2013 auf die Spur gekommen, weil die Jugendlichen im großen Stil Motorroller gestohlen hatten. Mehr als 150 Diebstähle, begangen im Bonner Norden und in Alfter, legte die Polizei der lose agierenden Gang zur Last.

Unrühmlich hervorgetan hatte sich dabei vor allem der mutmaßliche Brandstifter, der damals erst zwölf Jahre alt war. Wie der leitende Ermittler Klaus Roost berichtete, hatte er in Tannenbusch mit dem Diebesgut sogar eine Art Rollerverleih aufgebaut. "Der Junge war richtig geschäftstüchtig." Und zudem scheinbar ohne jeden Skrupel. War ein Roller nicht mehr zu gebrauchen, setzte er ihn kurzerhand in Brand und sah laut Roost den Feuerwehrleuten beim Löschen zu. Selbst der erfahrene Ermittler, der viel mit Intensivtätern zu tun hat, zeigte sich damals erstaunt, "mit welcher Energie hier vorgegangen wurde".

Die Bonner Polizei hatte sich bereits im Frühjahr vergangenen Jahres, als der Erfolg bei der Zerschlagung der Diebesbande öffentlich gemacht wurde, vor die Frage gestellt gesehen: Was passiert mit dem strafunmündigen 13-Jährigen? Der konfrontierte die Ermittler laut Roost auch immer wieder dreist damit, dass er laut Gesetz noch gar nicht belangt werden dürfe. Mehrere Versuche, den Jungen zu resozialisieren, waren fehlgeschlagen.

Dazu gehörte ein Aufenthalt im Kriseninterventions- und Diagnosezentrum in Bad Godesberg sowie der Besuch einer Förderschule. Als letzten Ausweg schickte das Jugendamt den scheinbar unbelehrbaren Intensivtäter zu Pflegeeltern nach Südfrankreich. Doch ganz offensichtlich hielt er es dort nicht lange aus. Schließlich ermittelte ihn die Polizei Anfang diesen Jahres wieder als Tatverdächtigen bei den beiden Tiefgaragenbränden in Tannenbusch.

Die Bonner Polizei hat damit aus Sicht ihres Sprechers Frank Piontek ihre Schuldigkeit in dem Fall getan: "Unsere Ermittlungen sind abgeschlossen. Die Zuständigkeit liegt bei Staatsanwaltschaft und Jugendamt." Letzteres äußert sich nicht zu dem Fall, um die Persönlichkeitsrechte des Jungen zu wahren. Inzwischen hatte er Geburtstag und ist damit als 14-Jähriger strafmündig.

Fallzahlen nehmen ab

Kinder, die Straftaten begehen: Das kommt auch in Bonn häufig vor. Im Januar erwischte die Polizei in Duisdorf eine 13-Jährige bei einem Einbruch auf frischer Tat. Sie war durch eine eingeschlagene Fensterscheibe in ein Einfamilienhaus eingestiegen. Die Beamten übergaben das Mädchen einer Jugendschutzstelle und prüfen nun, ob es Mittäter gab. Die 13-Jährige ist offenbar schon mehrfach durch Eigentumsdelikte aufgefallen.

Der Anteil von Kindern unter den Tatverdächtigen im Gebiet des Bonner Polizeipräsidiums, das auch Teile des Rhein-Sieg-Kreises umfasst, geht tendenziell zurück. Standen 2010 noch 567 Mädchen und Jungen unter Tatverdacht, sank die Zahl 2012 auf 498. 70 Prozent der Täter waren Jungen. 2013 waren es 379 echte Tatverdächtige.

247 waren zwölf bis 14 Jahre alt. Aufgeschlüsselt nach Delikten verübten die 397 Tatverdächtigen 151 einfache Diebstähle, gefolgt von Straßenkriminalität (127), Körperverletzung (109), Gewaltdelikten (67) und Sachbeschädigung (62 ).

Die Zahlen für 2014 sind noch nicht veröffentlicht; der Trend habe sich aber fortgesetzt, so Polizeisprecher Robert Scholten. Im Schnitt der vergangenen fünf Jahre lag der Kinder-Anteil unter den Tatverdächtigen bei 3,7 Prozent.

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