Landgericht Bonn Tasmanien-Trip wird für Schülerin zum Albtraum

Bonn · Auf die Insel Tasmanien ist die 15-Jährige geflogen, um aus ihrer Schulzeit „ein außergewöhnliches Erlebnis zu machen“, wie ein Bonner Reiseanbieter auf seiner Homepage behauptet. Tatsächlich wurde der dreimonatige Gastschulaufenthalt für die Schülerin wohl zum Albtraum.

 Justitia

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Foto: dpa

Sowohl die Partnerorganisation vor Ort als auch die Gastfamilien ließen das Mädchen offenbar komplett alleine. Die Mutter der 15-Jährigen hat den Bonner Reiseanbieter wegen der mangelhaften Organisation vor dem Landgericht auf mehr als 16.000 Euro Schadensersatz verklagt, wie ein Gerichtssprecher bestätigte. Sie fordert den gezahlten Reisepreis von 8155 Euro zurück sowie weitere 8000 Euro für die „nutzlos aufgewendete Reisezeit“.

Schon der Aufbruch zum fernen Eiland stand unter keinem guten Stern. Es wurde „ein Flug ins Ungewisse“, so die Klägerin. Erst elf Stunden vor dem Abflug am 19. Januar diesen Jahres habe die Tochter erfahren, wer ihre Gastfamilie sein würde. Keine Chance, vorher Kontakt aufzunehmen.

Dann der Wechsel nach vier Wochen, bei dem es die Schülerin noch schlimmer getroffen haben soll: Denn die „Gastfamilie“ sei eine alleinstehende Frau gewesen, die einsam lebte, kein Auto hatte und den jungen Gast sich selbst überlassen habe. Außer einem gemeinsamen Abendessen sollte die 15-Jährige sich aus dem Kühlschrank bedienen, das Telefon durfte sie nicht benutzen, und der Weg zur High School dauerte mit dem Bus hin und zurück zwei Stunden. Kontakt mit Klassenkameraden sei kaum möglich gewesen. Das Heimweh sei „sehr groß“ gewesen und die Mutter – 26.000 Kilometer entfernt – oft ihr einziger Ansprechpartner per Handy.

Neben der schlechten Organisation wirft die Mutter dem Reiseanbieter vor, große Versprechungen gemacht zu haben: So würde er mit den atemberaubenden Landschaften Tasmaniens werben, mit dem Kennenlernen kultureller Eigenarten in allen Facetten. Aber konkrete Ausflugsangebote habe ihre Tochter – trotz wiederholter Nachfragen – nie bekommen. „Als 15-Jährige hat meine Tochter das nicht selber organisieren können.“ Der verklagte Reiseanbieter wehrt sich gegen die Vorwürfe. Das Mädchen sei sehr spät für das Programm angemeldet worden. Eine Gastfamilie für die 15-Jährige zu finden, sei sehr schwierig gewesen, auch weil die Schülerin Vegetarierin ist und eine Katzenallergie hat. Schließlich habe sie den Wunsch gehabt, nicht auf einer Nutztierfarm untergebracht zu werden.

Im Übrigen, so das Bonner Unternehmen, sei das „Organisieren der Freizeit Aufgabe des Gastschülers“ selbst. Auch sei die Werbung auf der Homepage nicht als Versprechen zu verstehen, sondern als Angebot von Möglichkeiten.

AZ: LG Bonn 18 O 213/16

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