Interview mit Rudolf Simek Sympathische Monster und einfüßige Skiopoden

Bonn · Rudolf Simek forscht gerne über Fabelwesen und hat darüber auch ein sowohl informatives wie auch unterhaltsames Buch geschrieben.

 Rudolf Simek kennt sich aus mit Monstern.

Rudolf Simek kennt sich aus mit Monstern.

Foto: Böhlau-Verlag

Am Mittwochabend ist der Professor Gast in der Reihe „Uni im Rathaus“ und geht der Frage nach: „Brauchen Menschen Monster? Über Großohren, Hundsköpfige, Alf und E.T.“ Mit ihm sprach.

Sie berichten uns über Monster im Mittelalter. Wer galt da als Monster?
Rudolf Simek: Menschen mit Missbildungen oder sehr eigentümlichen Gewohnheiten: meist solche, die sehr weit von Europa entfernt lebten. Außerdem sah man auch schreckliche Seeungeheuer als Monster an.

Das heißt, als Monster galt auch der Nachbar, der Abnormitäten hatte?
Simek: Ja, ganz besonders.

Doch im Mittelalter galt: Auch Monster gehören zu Gottes Schöpfung dazu?
Simek: Ja, denn was sich auf der Erde fand, noch dazu mit gewisser Häufigkeit, gehörte offenbar zu Gottes Schöpfungsplan und trug damit eine Bedeutung: auch wenn dem Menschen die möglicherweise verborgen blieb.

Das heißt, Angst hatte der Mensch des Mittelalters nicht unbedingt vor Monstern?
Simek: Nein. Zwar waren die Seeungeheuer beunruhigend, und vor denen mögen sich Seeleute gefürchtet haben. Aber vor den menschlichen Monstern hatte man mit wenigen Ausnahmen, also wenn es etwa um Anthropophagen, also „Menschenfresser“ ging, keine Angst: Man hatte eher Mitleid.

Und wie ist es heute? Wer oder was wird heute als Monster angesehen?
Simek: Das ist sehr vielschichtig, aber meist alles, was ungewöhnlich ist und uns Angst macht. Dazu gehören besonders für Kinder auch Traumwesen.

Wie gehen wir heute mit Andersartigem um?
Simek: Zweifellos ebenso differenziert wie im Mittelalter: Nicht alles, was ungewöhnlich und fremd ist, würden wir auch als monströs bezeichnen.

Sie sagen: Der Mensch braucht auch heute Monster?
Simek: Offenbar, denn sonst gäbe es diese nicht in solcher Dichte in Literatur und Film.

Aber ist es nicht auch gefährlich, Andersartiges zum Monster zu erklären?
Simek: Das tun wir weder heute noch im Mittelalter: Im Mittelalter liegt die Betonung auf dem Unerklärlichen und schwer Begreifbaren, während man etwa andere Hautfarben als etwas ganz Natürliches erklären konnte. Heute betonen wir eher die Gefährlichkeit; aber es ist zu bedenken, dass heute zwischen den Begriffen „Monster“ und „monströs“ eine Kluft liegt, die im Mittelalter noch nicht zu sehen ist.

Kommen wir zu den sympathischen Monstern wie Alf….
Simek: Ja, aber gerade diese sympathischen Monster ähneln sehr den mittelalterlichen Monstern: Alf und E.T. sind eben sehr anders als „normale“ Menschen, aber in ihrer Art auch liebenswert – und doch ein wenig zu bemitleiden.

Ihr Lieblingsmonster ist aber ein Hundsköpfiger?
Simek: Ja, aber nur, weil er in einer Handschrift des 13. Jahrhunderts so reizend gezeichnet ist. Ansonsten finde ich die Schattenfüßler, die Skiopoden mit ihrem einzigen riesigen Fuß, sehr faszinierend.

Uni im Rathaus: Der Vortrag „Brauchen Menschen Monster? Über Großohren, Hundsköpfige, Alf und E.T.“ mit anschließender Diskussion beginnt heute um 18 Uhr im Alten Rathaus, Marktplatz.

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