Flughafenbus Köln/Bonn SWB lassen Rollstuhlfahrer stehen

Bonn · Barrierefrei geht anders: "Aus Sicherheitsgründen" durfte Wolfram Griese am Bonner Hbf nicht mit seinem Rollstuhl in den Flughafenbus und verpasste so den Heimflug nach Berlin.

Das war ein Schreck in der Abendstunde: Nach einem langen Dezember-Tag mit Besprechungen im Bundesarbeitsministerium in Bonn freute sich Wolfram Giese bereits auf den Feierabend zu Hause in Berlin. Mit seinem Elektro-Rollstuhl war Giese am Hauptbahnhof in den Flughafenbus SB 60 gerollt. Doch die Mitarbeiter der Bonner Stadtwerke (SWB) bereiteten seinen Plänen ein jähes Ende.

„Aus Sicherheitsgründen könne der Rollstuhl nicht mitgenommen werden, erklärten sie mir“, berichtet der Ex-Bonner, der schon mehrfach zuvor den Bus genommen hatte. Alles Argumentieren half nichts. Der Busfahrer setzte den Ministeriums-Mitarbeiter, der seit seiner Geburt an spastischen Lähmungen leidet und deshalb nicht laufen kann, vor die Tür. Er versprach immerhin, ein Taxi mit Rollstuhlrampe zu rufen – auf Kosten des behinderten Fahrgastes. Von der gesetzlich vorgeschriebenen Beförderungspflicht wollten der Chauffeur und seine Kollegen nichts wissen.

Mehrkosten von 170 Euro

Aus der Aktion wurde eine lange Nacht. „Ich habe mehrfach nachgefragt. Es sollte 20 Minuten dauern. Letztlich habe ich 75 Minuten bei Minusgraden warten müssen“, berichtet Giese. Dann kam ein Taxi – allerdings kein barrierefreies. Das Ende vom Lied: Giese verpasste seinen Heimflug. Er musste im Hotel übernachten und am nächsten Tag den Zug nehmen. Ihm entstanden Mehrkosten von 170 Euro.

Als Giese sich bei den SWB beschwerte, verwies man ihn auf die Straßenbahn 66 nach Siegburg. Von dort könne er mit dem Zug zum Flughafen Köln/Bonn fahren. „Das ist aber doch keine Lösung. Das dauert mindestens doppelt so lange und ist gerade für Rollstuhlfahrer sehr umständlich“, meint Giese.

Stadtwerke bedauern den Vorfall

Auf die Ereignisse angesprochen, bedauert SWB-Pressesprecher Werner Schui die Ereignisse. Es sei vor allem ärgerlich, dass das von der Leitstelle gerufene Taxi staubedingt nicht kam. In der Sache habe das Unternehmen sich bei der Einführung neuer Fahrzeuge beim Flughafenbus allerdings gegen die Mitnahme von Rollstühlen entschieden. „Viele Gäste reisen mit Gepäck zum Flughafen. Dafür haben wir in der Busmitte ein eigenes Abteil eingebaut.“

Dort, wo sonst Rollstühle und Kinderwagen Platz finden, stehen im Flughafenbus Koffer und Taschen durch Metallstangen gesichert. Nur faltbare Rollstühle, die wie Gepäck behandelt werden, dürfen mit. Ihre Besitzer müssen während der Fahrt wie alle anderen Fahrgäste in einem der regulären Sitze Platz nehmen und sich anschnallen. „Wir halten das nach wie vor für ein gutes Konzept, werden es uns aber noch einmal ansehen“, sagt Schui.

Für Giese ist der Fall nicht außergewöhnlich. Sein Elektro-Rolli wurde schon mehrfach mit einem schwereren E-Scooter verwechselt, der im Nahverkehr derzeit generell nicht mitfahren darf. Um sich Scherereien zu ersparen, nutzt er in Bonn sonst immer einen Fahrdienst. Da die Fahrbereitschaft der Bundesministerien nach seiner Auskunft selbst nicht barrierefrei ist, übernimmt der Bonner Verein für Behindertensport (VfB) mit seinem Fahrdienst gewöhnlich diese Aufgabe. An dem fraglichen Tag hatte Giese aber noch Termine in der Stadt und konnte seine Abreise nicht vorab exakt festlegen.

Auch um das „insgesamt noch lückenhafte barrierefreie Angebot in Bonn zu umgehen“, hat Giese sich 2012 für einen Umzug nach Berlin entschieden. Der Flughafenbus nach Tegel ist nach Gieses Erfahrungen zuverlässig barrierefrei. Mittelfristig müssten auch die SWB ihre Politik gegenüber Behinderten überdenken, glaubt Giese.

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