Minderjährig an die Uni Studieren mit Eltern-Vollmacht

BONN · Minderjährig an die Uni - spätestens seit G 8 (Abitur nach Jahrgangsstufe zwölf) ist das immer häufiger der Fall. Immer mehr junge Studenten sehen sich allerdings an den Unis mit ungeahnten Problemen konfrontiert.

 Musste bei der Einschreibung eine Generalvollmacht der Eltern vorlegen: Die 17-jährige Studentin Maya Scheidt. FOTO: BRAUER

Musste bei der Einschreibung eine Generalvollmacht der Eltern vorlegen: Die 17-jährige Studentin Maya Scheidt. FOTO: BRAUER

Maya Scheidt ist 17. Seit wenigen Tagen studiert sie an der Bonner Friedrich-Wilhelms-Universität. "Ich bin schon sehr gespannt, was da auf mich zukommt. Ich hoffe, dass ich allem gewachsen bin." Minderjährig an die Uni - spätestens seit G 8 (Abitur nach Jahrgangsstufe zwölf) ist das immer häufiger der Fall. Es liegt nicht nur an der verkürzten Schulzeit sondern auch daran, dass die Wehrpflicht abgeschafft wurde. Zudem hat sich die jährliche Zahl der Abiturienten in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt. Waren es im Jahr 2003 In Nordrhein-Westfalen noch 55 730, erlangten im vergangenen Jahr mehr als 120 000 Schulabgänger die Hochschulreife.

Maya Scheidts Bewerbungen für Bildungswissenschaften, Latein und Deutsch auf Lehramt waren drei von insgesamt 540 Bewerbungen Minderjähriger, die für das Wintersemester 2014/15 im Bonner Studentensekretariat eingingen. "Die meisten geben mehrere Bewerbungen ab, diese Zahl ist also nicht mit der tatsächlichen Anzahl der Bewerber unter 18 Jahren gleichzusetzen", erklärte Klaus Herkenrath vom Dezernat für Hochschulkommunikation der Uni Bonn. Im letzten Studienjahr waren in der Bundesstadt insgesamt 89 minderjährige Studenten eingeschrieben.

"Im vergangenen Studienjahr waren in Deutschland mehr als 2000 Minderjährige an deutschen Hochschulen eingeschrieben", weiß Stefan Grob vom Deutschen Studentenwerk. "Die Zahl steigt seit Jahren." In NRW wird Minderjährigen der Zugang zum Studium sogar erleichtert. Das Land schreibt vor, dass zwei Prozent der Studienplätze, die im hochschuleigenen Auswahlverfahren vergeben werden, für minderjährige Bewerber zu reservieren sind. Formal sind sie durch eine Generalvollmacht der Eltern ihren volljährigen Kommilitonen gleichgestellt. Ohne sie hätten U-18-Studenten in allen Bereichen Probleme: Sie dürften die Bibliotheken nicht benutzen, sich nicht für Prüfungen anmelden oder das Angebot des Hochschulsports nicht wahrnehmen.

Auch wenn man von offizieller Seite immer wieder hört, dass Minderjährige problemlos in den Studienalltag integriert sind, birgt der Start ins Studium für alle unter 18 Jahren noch weitere Schwierigkeiten. Das beginnt schon bei der Wohnungssuche. Ein Minderjähriger darf keinen Mietvertrag ohne Einverständnis der Eltern unterschreiben. Auch die Teilnahme an vielen Veranstaltungen der Fachschaften gestaltet sich schwierig. "Gerade bei abendlichen 'Ersti'-Veranstaltungen ist die Minderjährigkeit für uns problematisch", erklärte Christoph Wortmann aus der Fachschaft der Germanisten. "Wir müssen aufpassen, dass altersbedingte Einschränkungen eingehalten werden."

Für die traditionelle Fahrt zum Studienbeginn müssen Erstsemester unter 18 Jahren - mal wieder - das schriftliche Einverständnis ihrer Eltern einholen. Allerdings sind die Germanistik-Studenten damit noch sehr gut bedient: Die Fachschaft Geschichte lehnt es von vornherein ab, Minderjährige mitzunehmen.

Doch das alles schreckte Maya Scheidt nicht ab: "Natürlich ist es nervig, dass ich in vielen Dingen eingeschränkt bin. Aber das kenne ich ja schon aus der Schule, wo ich auch immer zu den Jüngsten gehörte." Sie sieht in ihrem Alter aber auch Vorteile: "Da ich jünger bin als meine zukünftigen Kommilitonen, habe ich weniger Zeitdruck in meinem Studium. Ich würde nach meinem Bachelor zum Beispiel gerne erst einmal längere Zeit im Ausland verbringen."

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