Wer darf wie hoch bauen? Streit ums ehemalige Bundesviertel in Bonn

BONN · Die Rahmenplanung für das Bundesviertel in Bonn stößt nicht überall auf Gegenliebe. Immobilieninvestor Marc Asbeck sieht nun seine geplanten Projekte gefährdet. Das Hochhaus "GreenGate" dürfte er jedenfalls nicht bauen.

Es gibt Streit um die Rahmenplanung für das Bundesviertel. Immobilieninvestor Marc Asbeck zum Beispiel dürfte sein Hochhaus „GreenGate“, das er nahe dem gläsernen Post-Towers gerne 17 Stockwerke hoch bauen würde, nach dem vorliegenden Planungsentwurf des Büros Cityförster so nicht umsetzen. Neun Etagen dürfte Asbeck dort aber für Mitarbeiter der Deutschen Post DHL errichten. Bei einer Vorstellung des Entwurfs in Unternehmerkreisen seien die Ideen aus einer mehrtägigen Planungswerkstatt mit insgesamt vier Planungsbüros, aus der Cityförster als Sieger hervorgegangen war, allerdings „positiv“ aufgenommen worden, teilte Stadtbaurat Helmut Wiesner auf Anfrage mit.

Er betonte, dass der Rahmenplan im bisherigen Stadium „keine geeignete Grundlage zur Beurteilung der Zulässigkeit von Einzelvorhaben“ sei. Durchaus lobend äußert sich der Bonner Architekt Wilfried Pilhatsch zu dem Vorhaben, Punkte für Hochhäuser zu definieren. Der von ihm erarbeitete Entwurf eines Bürokomplexes auf dem Miesengelände wäre allerdings mit vier bis fünf Stockwerken auch nicht so hoch, dass ihm der vorliegende Werkstattentwurf widersprechen würde.

Post äußert sich nicht

Die Post, die neben „GreenGate“ durch den Investor Ten Brinke einen fünfstöckigen Bürokomplex an der Baunscheidtstraße bauen lassen will, um ihren auf das Stadtgebiet verteilten Mitarbeitern Arbeitswege zu verkürzen, wollte sich nicht zum Rahmenplan äußern. Die Deutsche Telekom besitzt ein Grundstück gegenüber des früheren Landesbehördenhauses. Sie könnte dort laut Entwurf ein Hochhaus bis zu 100 Metern Höhe errichten. Konkrete Pläne gibt es allerdings keine: „Das Baufeld dient als Baureserve für eine strategische Standortplanung“, ließ das Unternehmen wissen. Wohl kein anderes Viertel in Bonn war in den vergangenen Jahrzehnten einem stärkeren Wandel unterworfen als das an der B 9.

Nun steht die Frage im Raum, wie es in den kommenden zwei Jahrzehnten weitergehen soll. „Wir stehen vor einer erneuten Transformation“, sagte Wiesner beim jüngsten Städtebauseminar der Uni. Mit dem Rahmenplan will die Stadt auf einen Beschluss der Kommunalpolitik hin eine Art Handbuch für die künftige städtebauliche Entwicklung erarbeiten. Das Büro Cityförster (Hannover) hat Eckpfeiler erarbeitet. Jetzt werde an den Details gefeilt, damit die Politik die Rahmenplanung dieses Jahr beschließen könne, so Wiesner.

Abends wie eine Geisterstadt

Die Stoßrichtung ist klar. Während sich eine Planung der 1980er noch mit dem Wachstum als Regierungsstandort befasste, verfolgte man in der Stadt nach dem Regierungsumzug 1999 vor allem das Ziel, Arbeitsplätze zu schaffen. Die Folge brachte beim Seminar ein Teilnehmer auf den Punkt: „Nach 18 Uhr ähnelt das Viertel einer Geisterstadt.“ Es fehlt an Geschäften des täglichen Bedarfs, neben dem GOP-Theater gibt es kaum nennenswertes Kulturleben. Zwar existieren einige Wohnviertel, aber die Baukräne haben nach dem Hauptstadtumzug vor allem Bürobauten wie den Post Tower oder die Telekom-Bauten geschaffen. Im Herbst 2018 hat es im 450 Hektar großen Bereich, den die Planer untersuchten, 1,2 Millionen Quadratmeter Bürofläche gegeben. Der Rahmenplan soll etwas bringen, was viele vermissen: Urbanität.

Cityförster benennt die Punkte für Hochhäuser. Dazu gehören beispielsweise das seit Jahren leerstehende Landesbehördenhaus und eben die gegenüberliegende Freifläche der Telekom; in beiden Fällen wäre die Bebauung mit Hochhäusern bis zu 100 Metern denkbar. Übrigens: Sehr deutlich erklärte Wiesner, dass ein Hochhaus, wie es der Kölner Bauinvestor Ewald Hohr auf einem Eckgrundstück am Bonner Bogen ins Spiel gebracht hatte, mit dem Rahmenplan nicht vereinbar wäre. „Wir sind der Überzeugung, dass ein Hochbau an dieser Stelle auch den Blick auf das Siebengebirge zu sehr einschränken würde.“ Springender Punkt bei Cityförster: In den Liegenschaften sollen Wohnungen und damit ein Nährboden für Handel und Kultur liegen.

Planung auf dem Miesen-Gelände

Wiesner erläuterte im Seminar, dass seine Fachleute von einem möglichen Wachstum der Arbeitsplätze von derzeit 45.000 um weitere 25 Prozent in den nächsten 15 Jahren ausgingen. Im selben Zeitraum könnte die Zahl der derzeit 5000 Wohnungen um mehr als 25 Prozent wachsen. Cityförster sieht mehr als einen Lösungsansatz für den Verkehr. In Ramersdorf, Vilich-Müldorf und am Probsthof Nord könnten Mobilitätsstationen entstehen. Parkhäuser, die einen Umstieg auf den Nahverkehr oder auf Elektroräder ermöglichten. Breitere Radschnellwege wären ebenso denkbar wie die geplante, aber bei einigen Anwohnern umstrittene Seilbahn bis zur Uniklinik. Architekt Pilhatsch hält für die Umsetzung seiner Planung auf dem Miesen-Gelände die Unterführung der Bahngleise an der Ollenhauerstraße für unerlässlich. Die DB rechnet mit einer Fertigstellung erst in zehn Jahren.

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