Pferdeunfälle im Bonner Karneval Streit um Pferde im Karneval neu entfacht

Bonn · Das NRW-Umweltministerium fordert eine Überprüfung der Unfälle in Bonn und Köln. Während Tierschutzorganisationen den Gebrauch in Brauchtumsveranstaltungen ablehnen, finden die Grünen, Pferde gehören zum Karneval.

Am Tag nach Rosenmontag drehte sich in den Karnevalshochburgen Bonn, Köln und Düsseldorf alles um die beiden Pferdeunfälle im Bonner und im Kölner Rosenmontagszug. In Bonn waren zwei Kutschenpferde durchgegangen und in Köln erlitt ein Pferd einen Zusammenbruch.

Das NRW-Umweltministerium forderte am Dienstag eine Überprüfung der Vorfälle bei den Karnevalsveranstaltungen in Köln und in Bonn. „Das Tierschutzgesetz und damit der Tierschutz gilt in allen Bereichen und damit natürlich auch bei Brauchtumsveranstaltungen“, sagte Staatssekretär Peter Knitsch. Für den Vollzug der tierschutzgesetzlichen Regelungen seien die kommunalen Veterinärämter zuständig. „Bei Vorfällen wie jetzt im Karneval muss daher überprüft werden, ob die Tierschutzbestimmungen eingehalten worden sind.“

Die Tierrechtsorganisation Peta übte scharfe Kritik an den Veranstaltern der Rosenmontagszüge und forderte Behörden und Politiker auf, die Pferdenutzung bei künftigen Karnevalsumzügen generell zu untersagen. „Laute Musik, fliegende Süßigkeiten und die ausgelassenen Menschenmassen setzen die sensiblen Tiere ständigem, hohem Stress aus“, sagte Peta-Sprecher Peter Höffken. Pferde seien Fluchttiere und sehr schreckhaft. „Fast jedes Jahr werden Menschen und Tiere bei Karnevalsumzügen zum Teil schwer verletzt. Selbst bei trainierten Pferden kann bereits eine geringe Störung den Fluchtinstinkt auslösen.“

Ähnlich äußerte sich der Deutsche Tierschutzbund. „Millionen Menschen feiern stimmungsvoll den Straßenkarneval Aber das geht auch wunderbar ohne Pferde oder andere Tiere, was die vielen tollen Wagen und Karnevalsgruppen jährlich zeigen“, sagte ein Sprecher. „Daher fordern wir ein klares Verbot von Pferden auf entsprechenden Umzügen.“

Grüne: „Pferde gehören zum Karneval"

Die Grünen im Landtag sehen das allerdings anders. Der tierschutzpolitische Sprecher der Fraktion, Martin-Sebastian Abel, erklärte: „Pferde gehören zum Karneval. In 99 Prozent der Fälle geht das ja auch gut. Ich bin dagegen, dass Einzelfälle immer gleich zu Verboten führen sollen.“ Man müsse der Eigenverantwortung der Halter vertrauen und könne davon ausgehen, „dass die selbstständig bemüht sind, alles zu unterlassen, was den Tieren schadet.“

Beim Karnevalsempfang im Alten Rathaus in Bonn wurde zum wiederholten Mal über die Sinnhaftigkeit von Pferdeeinsätzen in Karnevalsumzügen diskutiert. Oberbürgermeister Ashok Sridharan will das Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen und die politischen Beratungen in den Ratsgremien abwarten, bevor er als Stadtoberhaupt offiziell zu dem Thema Stellung bezieht. Seine private Meinung steht indes fest: „Ich kann mir einen Rosenmontagszug ohne Pferde vor den historischen Wagen der Traditionscorps und -vereine kaum vorstellen. Dieses Brauchtum prägt unsere Region seit fast 200 Jahren.“ Trotzdem müssten natürlich Menschen und Tiere geschützt werden. Der städtische Umweltausschuss wird sich am Mittwoch, 15. März, mit einem Bürgerantrag zum Verbot von Pferden in Karnevalsumzügen beschäftigen.

Auch Bonns Festausschusspräsidentin Marlies Stockhorst kündigte an, das Thema sorgfältig und sensibel aufzuarbeiten. „Wir werden dabei eng mit der Stadt zusammenarbeiten. Wir haben mit dem Reitstall gesprochen, dem die Tiere gehören. Sowohl die Pferde als auch die Kutscher sind wegen der Vielzahl ihrer Teilnahmen an Umzügen sehr erfahren.“ Es handele sich um einen bedauerlichen Unfall, der in dieser oder anderer Form immer bei Umzügen passieren könne. Es bestehe offensichtlich der Verdacht, dass er absichtlich ausgelöst worden sei.

Diesen Vorwurf untersuche derzeit die Polizei, so Stockhorst. „Persönlich bin ich aber der Meinung, dass Pferde in Karnevalsumzüge gehören.“ Laut Bonner Polizei gibt es mehrere Zeugen, die gesehen haben wollen, dass ein Pferd von einer Menschenhand geschlagen worden sei. „Wir werden in dem Vorfall ermitteln. Es besteht der Verdacht auf fahrlässige Körperverletzung und gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr“, sagte ein Polizeisprecher am Dienstag. Zeugen würden derzeit vernommen.

Generalstab berät über Vorfälle

Thomas Janicke, Kommandant der Ehrengarde der Stadt Bonn, in deren Zugreihen sich der Unfall am Montag ereignet hat, erklärte am Dienstag: „Unser Generalstab wird im März über den Vorfall beraten und entsprechende Entscheidungen treffen. Der Beratung möchte ich nicht vorgreifen. Aber persönlich vertrete ich die Meinung, dass historische Wagen von Pferden gezogen werden müssen. Das gehört zu unserem Brauchtum.“

Diese Meinung vertritt auch Ralf Wolanski, Kommandant der Bonner Stadtsoldaten: „Der Unfall ist bedauerlich. Zu einem Traditionscorps gehören aber Pferde. Wenn wir Diesel-Traktoren einsetzen würden, käme sofort der Vorwurf der Umweltverschmutzung.“ Wolanski hat von Kameraden seines Corps erfahren, dass bislang unbekannte Personen Foto- und Filmaufnahmen von der berittenen Kavallerie im Rosenmontagszug gemacht haben sollen. Dabei handele es sich wohl um Tierschützer, die seit geraumer Zeit versuchten, die Teilnahme von Pferden in Umzügen verbieten zu lassen. „Zuerst wird Druck auf Tierärzte ausgeübt, der dazu geführt hat, dass einige Veterinäre nicht mehr am Zug teilgenommen haben. Und jetzt werden unsere Kameraden unter Druck gesetzt. Das ist eine besorgniserregende Entwicklung“, sagte Wolanski.

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