Präsidentin des Festausschusses Bonner Karneval Stockhorst fordert mehr Unterstützung für das rheinische Brauchtum

Als Gralshüterin des Brauchtums Karneval nutzt die Präsidentin des Festausschusses Bonner Karneval, Marlies Stockhorst, jede Bühne, um für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Bedeutung des Fastelovends einzutreten.

Marlies Stockhorst in ihrer Paraderolle als Sitzungspräsidentin bei der Prinzenproklamation in der Beethovenhalle.

Marlies Stockhorst in ihrer Paraderolle als Sitzungspräsidentin bei der Prinzenproklamation in der Beethovenhalle.

Foto: Barbara Frommann

So auch beim Neujahrsempfang des Bonner Medienclubs, der den Karneval für seine Unangepasstheit mit dem „Bröckemännche“ ausgezeichnet hat (der GA berichtete). Bei ihrer Dankesrede nahm sie die Stadt, das Land, die Medien und die heimische Wirtschaft in die Pflicht, sich mehr für die Förderung des Karnevals zu engagieren. Über ihre Forderungen und Denkanstöße sprach Marlies Stockhorst mit .

Für Aufsehen hat Ihre Forderung gesorgt, Karneval als Unterrichtsfach an Schulen einzuführen. Wie kommen Sie darauf?
Marlies Stockhorst: In einigen Bundesländern wird die jeweilige Mundart an Schulen unterrichtet. In Nordrhein-Westfalen ist das nicht der Fall. Den Mundartunterricht könnte man in unserer Köln-Bonner-Region sehr gut in einem Schulfach Karneval einbinden. Der Festausschuss Bonner Karneval unterrichtet bereits seit Jahren innerhalb eines ehrenamtlichen Projekts die bönnsche Sprache in Grund- und an weiterführenden Schulen. Gemeinsam mit Joe Tillmann werben wir intensiv für dieses Angebot. Der Unterricht hat sich aber leider noch nicht zu einem Selbstläufer entwickelt. Wenn die Initiative zum Beispiel auch vom städtischen Schulamt ausgehen würde, hätte die Ansprache der Schulen mehr Gewicht.

Was versprechen Sie sich von einem Unterrichtsfach Karneval?
Stockhorst: Karneval kann in vielen gesellschaftlichen Bereichen Hilfestellungen geben, zum Beispiel bei der Integration von ausländischen Mitbürgern. Karneval verbindet, schafft Kontakt und überwindet Hürden. Für jede Altersgruppe lassen sich Formate finden, die einem Zugang zum Karneval verschaffen können. In Grundschulen können Lieder und Texte in Mundart sowie Quiz-Spiele helfen, sich der regionalen Muttersprache und dem Brauchtum anzunähern. In weiterführenden Schulen kann man sich mit der Geschichte des Karnevals auseinandersetzen. Ich denke dabei zum Beispiel an die Rolle des Karnevals während der NS-Zeit.

Lassen sich Kinder durch Mundart- und Karnevalsunterricht begeistern?
Stockhorst: Auf jeden Fall. Das konnte man bei der Prinzenproklamation in der Beethovenhalle sehen und hören. 100 Bonner Schüler sind auf der Bühne aufgetreten und haben Lieder in Mundart gesungen. Für mich gehört Karneval samt seiner Tradition und Geschichte in den Lehrplan, der Unterricht muss aber nicht unbedingt wöchentlich stattfinden.

Warum kommt Ihrer Meinung nach den Medien eine besondere Rolle zu?
Stockhorst: Gerade lokale Zeitungen und Sender können eine große Rolle bei der Verbesserung der Kenntnisse über lokale Sprache und lokale Kultur spielen. Zum Beispiel die Mundart-Kolumne im General-Anzeiger leistet hierbei gute Arbeit. Ich wünsche mir in den Printmedien, im Funk und im Fernsehen mehr Informationen über das Brauchtum Karneval, statt das Fest zum Anlass zu nehmen für Unterhaltungsformate, die seinem Geist widersprechen.

Seit Jahren reklamieren Sie, dass sich die Stadt Bonn und die heimische Wirtschaft mehr für die Förderung des Karnevals engagieren sollen. Fühlen Sie sich und Ihre Arbeit missverstanden?
Stockhorst: Nein, das nicht. Aber ich vermisse hin und wieder die Wertschätzung des Karnevals und dessen ehrenamtlicher Helfer. Der Karneval ist ein wichtiger und unverzichtbarer Bestandteil der Kultur der rheinischen Bräuche in Bonn. Karneval ist mehr als nur ein Volksfest mit Alaaf und Kölsch. Im Karneval spiegelt sich die rheinische Lebensart wider. In Bonn sind mehr als 10 000 Menschen in Karnevalsgesellschaften organisiert. Unsere Analyse zur Wirtschaftskraft des Karnevals in Bonn hat ergeben, dass der Karneval mehr als 15 Millionen Euro jährlich in die unterschiedlichsten Kassen spült. Deshalb erwarte und erhoffe ich mir mehr Unterstützung.

Wie könnte diese Hilfe denn aussehen?
Stockhorst: Es muss sich dabei nicht immer nur um finanzielle Zuschüsse handeln. Die Stadt Bonn könnte uns zum Beispiel bei der Organisation der Veranstaltungen personell helfen. In den Stadtbezirken Beuel und Bad Godesberg geschieht das seit der Eingemeindung der beiden Stadtbezirke im Jahr 1969. Der Festausschuss Bonn kümmert sich nahezu ausschließlich allein um die Durchführung und Organisation der Prinzenproklamation und des Rosenmontagszugs. Oder ein hiesiges Unternehmen könnte zum Beispiel einen Mitarbeiter abstellen, der uns tageweise in der Verwaltung des Festausschusses hilft. Da gibt es viele Möglichkeiten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort