Kreuzkirche in Bonn Stilles Mahl im Kirchenpavillon

BONN · "Wir sind jetzt eine halbe Stunde aus dem Leben" sagt Pfarrerin Ulrike Verwold - und genauso fühlt es sich an. Jeden Donnerstagmittag um 13 Uhr haben sechs Besucher des neuen Kirchenpavillons an der Kreuzkirche die Möglichkeit, unter Verwolds geistlicher Leitung ein 25-minütiges "Stilles Mahl" zu sich zu nehmen.

 "Wir sind jetzt eine halbe Stunde aus dem Leben" Pfarrerin Ulrike Verwold

"Wir sind jetzt eine halbe Stunde aus dem Leben" Pfarrerin Ulrike Verwold

Foto: Johanniskirchengemeinde

Ein leichtes Mittagessen an einem stilvoll gedeckten Tisch, mit frischem Brot und Wasser aus dem Krug. Vor allem aber: mit der Ruhe gemeinsam verbrachten Schweigens und Inspiration durch kurze Gebete und Lesungen.

"Die Idee stammt aus dem Erleben heraus, dass es hier, mitten in der Stadt unruhig ist, und die Menschen ein bewegtes Leben haben. Wir möchten ihnen in diesem Alltag eine Gotteserfahrung ermöglichen", beschreibt es Ulrike Verwold. Vor dem gemeinsamen Betreten des Esszimmers erläutert sie kurz den Ablauf: Nach Glockenschlag und Gebet wird zunächst Stille herrschen. Dann hören die Beisammensitzenden eine Lesung - etwa aus dem Markusevangelium. Das Mahl eröffnet ein Tischgebet und wird dann von einer weiteren kurzen Lesung begleitet.

In dem hellen, quadratischen Raum, der sich mit bodentiefen Fenstern im modernen Sichtbeton zum Kirchenvorplatz hin öffnet, ist es dann tatsächlich so still, dass der Nachklang der schweren Messingglocke noch lange zu hören ist. "Nimm die Stunden des Morgens in deine Hände, ich lasse sie los", bittet die Pfarrerin stellvertretend für die Tischgruppe - an diesem Tag sind es ausnahmslos Frauen.

Freundliche Blicke

Als Verwold ihre Arme ausbreitet und einladend auf die beiden Porzellanterrinen mit Suppe deutet, greifen die Frauen wortlos zu den Kellen, um sich gegenseitig aufzutun. Catharina Scheuvens sitzt schon zum dritten Mal mit am Tisch. "Es gibt oft sehr freundliche Blicke zwischendurch", erzählt sie später vor der großen Tür des Pavillons, "das ist mir heute wieder aufgefallen. Ich finde es wertvoll, dass die Kirche mir hier die Möglichkeit bietet, bei mir zu sein - und auch, achtsam zu essen."

Ruth Wacker war zum ersten Mal dabei und ist ebenfalls angetan. "Ich komme direkt von der Arbeit und habe heute noch viele Termine, da kam mir diese Ruhe sehr entgegen." Dann schmunzelt sie: "Das Leben hat mich allerdings wieder eingeholt, als ein Handwerker direkt vor dem Fenster richtig laut telefoniert hat." Seit Februar gibt es an der Kreuzkirche die Klöstern nachempfundene Einrichtung des "Stillen Mahls". Verwold ist froh, von den Teilnehmer trotz ihrer knapp bemessenen Mittagspausen noch ein kurzes Feedback zu bekommen. "Über die Inhalte der Lesungen zum Beispiel denken wird gerade sehr gründlich nach. Was eignet sich besser, was schlechter? Ich möchte natürlich mit den Texten keinen Diskussionsbedarf anstoßen, wenn die Zuhörer ins Schweigen vertieft bleiben müssen."

Das "Stille Mahl" im Kirchenpavillon am Kaiserplatz findet jeden Donnerstag von 13 bis 13.25 Uhr statt. Die Zahl der Teilnehmer ist auf sechs begrenzt. Infos und Anmeldung unter Tel. 02 28/92 89 56 20. Das Essen mit Brot und Wasser kostet vier Euro.

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