Kommentar Steine des Anstoßes

Die Diskussion über das Verbot für Grabsteine aus Kinderarbeit ist wichtig. Wichtiger wäre aber, sich generell mit dem Thema Friedhofskultur zu beschäftigen. Wie sollen die Bonner Friedhöfe in 20 oder 30 Jahren aussehen?

Grabmale sind heute nicht für die Ewigkeit, Familien leben selten über Generationen hinweg am selben Ort. Täglich kann man in Bonn beobachten, wie intakte Steine mit dem Bagger abgeräumt werden, wenn die Ruhezeit einer Grabstätte abgelaufen ist. Warum arbeitet man also die Grabsteine nicht wieder auf, statt billige Steine zweifelhafter Herkunft zu importieren?

Recycling funktioniert in anderen Bereichen doch auch. Problematisch sind wohl vor allem die Kosten. Einen alten Stein fachgerecht abzubauen, zu lagern und neu zu gestalten, ist für die Steinmetze teurer, als neues Material aus Indien zu kaufen. Der Preisdruck in der Branche ist groß, viele Kunden weichen ohnehin schon auf günstigere Urnengräber ohne Stein aus.

Wer über den Poppelsdorfer Friedhof geht, findet an vielen Stellen noch die Begräbniskultur vergangener Zeiten mit kunstvollen schmiedeeisernen Gittern, Kreuzen und Skulpturen. Aber wie lange noch? An vielen alten Steinen kleben Warnhinweise, und es gibt noch längst nicht genug Paten für historische Grabstätten, die für die Restaurierung aufkommen und später selbst dort bestattet werden können.

Kinderarbeit ist also nicht der einzige Stein des Anstoßes. Parallel zum Aufstellungsverbot muss mehr für die Friedhöfe insgesamt getan werden. Es gilt, ein historisches Erbe und ein altes Handwerk zu erhalten. Hier sind nicht nur Politik und Verwaltung, sondern auch die Steinmetze gefragt.

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