Brotschalen statt Plastik Wie nachhaltig ist der Bonner Weihnachtsmarkt?

Bonn · Monika Bärhausen bietet ihr Gulasch schon seit Jahren im Brot an. Die Stadt Bonn belohnt Nachhaltigkeit auf dem Weihnachtsmarkt mit niedrigeren Standgebühren.

Die Gulasch-Portionen servieren Monika Bärhausen (rechts) und ihre Mitarbeiterin Jette auf dem Weihnachtsmarkt in Brottöpfen.

Die Gulasch-Portionen servieren Monika Bärhausen (rechts) und ihre Mitarbeiterin Jette auf dem Weihnachtsmarkt in Brottöpfen.

Foto: Stefan Hermes

Die Atmosphäre einer gewissen Glückseligkeit, die nicht erst durch entsprechenden Glühweinkonsum entsteht, ist Teil eines jeden Weihnachtsmarktes. Doch bei kritischer Betrachtung kann dieses wohlig warme Gefühl empfindlich gestört werden. Fällt der Blick auf die Heizstrahler, die – ob mit Gas oder Strom „befeuert“ – den Aufenthalt in und vor manch’ einer Bude so gemütlich werden lassen, muss man, um nicht als Stimmungskiller aufzutreten, das Wissen um die klimafeindlichen Energieschlucker ausblenden. Gegen die Kälte könnte warme Kleidung die nachhaltigere Alternative sein. Wer sich beim Bonner Weihnachtsmarkt auf die Suche nach Nachhaltigkeit macht, wird schnell fündig.

„In einer Schicht sind es im Moment etwa 600 bis 800 Kilo Müll, die wir täglich hier abräumen“, sagt Thomas Hentsch, ein – nach eigenen Worten – „Kehrmännchen“ von Bonnorange, die den achtlos weggeworfenen Müll mit Besen und Kehrschaufel aus den Ecken herausholen, in die keine Kehrmaschine mehr kommt. Vor allem seien es Plastikbecher, -schalen und -bestecke sowie auch Pappteller, mit denen die Müllsäcke gefüllt würden. „Ist mir gar nicht aufgefallen“, sagt Diana Kunze, die ihrer dreijährigen Tochter Charlotte die frittierten Kartoffelstäbchen auf eine Plastikgabel aufspießt, „dass ich die Pommes in einer Plastikschale bekommen habe.“ Wenn sie darüber nachdenke, fände sie das auch nicht gut. Die Imbissbetreiberin versichert, dies sei das letzte Jahr mit Plastik. Im nächsten Jahr wolle man umstellen.

Stadt bietet Anreize für Nachhaltigkeit an

Vom Verursacherprinzip ausgehend, bietet die Stadt Bonn den Händlern schon seit Jahren einen Anreiz: Wer von Einweg auf Mehrweg umstellt, zahlt rund 30 Prozent weniger an Standgebühren. „Die Gebührenaufteilung wird von den Anbietern begrüßt“, sagt dazu Bonns Marktleiter Harald Borchert, „zumal dadurch der erhöhte Aufwand für Mehrweg finanziell gewürdigt wird.“ Ohne anfängliche Würdigung gibt es schon seit 28 Jahren Mehrweggeschirr bei dem vegetarischen Imbiss von Elke Schnell. Heute noch längst keine Selbstverständlichkeit. Die meisten Bratwürste oder Reibekuchen werden auf Papptellern oder -schalen verkauft, die durch eine hauchdünne, wie es heißt, umweltfreundliche Folie gegen ein Aufweichen geschützt sind.

„Ich habe schon vor 17 Jahren angefangen, Brotschalen zu backen, statt Plastik oder Pappe zu verwenden“, erzählt Monika Bärhausen, die ihre zum Kult gewordenen Gulasch-Portionen in Brotlaiben serviert. Mit dem Blick auf Nachhaltigkeit sind es vor allem die Süßigkeitenstände, denen man ein glattes „Ungenügend“ bescheinigen müsste. Kaum eine Süßigkeit die nicht von Plastikfolie umhüllt ist. „Das verlangen die Hygienevorschriften“, verteidigt sich eine Händlerin.

„Nur in der Folie sehen unsere gebrannten Mandeln so appetitlich aus“, heißt es an einem anderen Stand. Dass es auch anders geht, zeigt der Bio-Mandelstand am Bottlerplatz, wo die kleinen Zuckerbomben in Papiertüten abgefüllt werden. Beim Gewürzstand soll es nicht nur die Hygiene, sondern auch der Schutz vor der Luftfeuchtigkeit notwendig machen, die Kräuter und Gewürze in Plastik einzupacken, sagt Enrico Melzer. Doch es habe sich schon viel geändert: Vor zehn Jahren habe er noch sackkarrenweise die Plastiktüten auf den Markt gefahren. Heute kämen die meisten seiner Kunden mit Taschen oder Stoffbeuteln zum Einkauf.

Diese Leckereien dürfen auf dem Weihnachtsmarkt nicht fehlen
11 Bilder

Diese Leckereien dürfen auf dem Weihnachtsmarkt nicht fehlen

11 Bilder

Vielerorts wird inzwischen vorbildlich von der Bratwurst bis zum Flammlachs überwiegend in Brötchen angeboten. Frisch gebackene Poffertjes landen zuckergepudert in einer essbaren Waffel. Auch Holz zählt zum nachhaltigen Material. Aber: „Der Boom mit dem Holzspielzeug ist vorbei“, weiß Werner Stahlberg. Heute fräst er Motive und Namen in Holzbrettchen, was sich weitaus besser verkaufen ließe.

An anderen Ständen scheint man dagegen ganz zufrieden mit dem Verkauf von Holz- und Blechspielzeug zu sein, was sich - zumindest theoretisch - über Generationen erhalten lässt. So wird auch manch’ ein Glühweinbecher mit der Aufschrift „Bonner Weihnachtsmarkt 2019“ zum Sammelobjekt und damit zu einem Vorbild von Nachhaltigkeit.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort