Ausstellungsstücke erzählen Wirtschaftsgeschichte Stadtmuseum Bonn zeigt 200 wertvolle Teller und Vasen

Bonn · Das Stadtmuseum zeigt 200 Stücke aus der Schenkung von Günther Herrmann. Darunter wertvolle alte Vasen und Teller.

Ernst Moritz Arndt muss ein genügsamer Nachbar gewesen sein. Kaum hatte der Historiker und Schriftsteller sein Haus außerhalb der Stadt über dem Rheinufer bezogen, um in Ruhe schreiben zu können, kamen 1830 neue Nachbarn hinzu. Der Unternehmer F. A. Mehlem legte den Grundstein für die industrielle Feinsteinzeug-Produktion.

Rund 200 Stücke aus den Bonner Werken von F. A. Mehlem sind seit Dienstagabend in einer Sonderausstellung im Bonner Stadtmuseum zu sehen. Der Bonner Sammler Günther Herrmann hat sie bis unmittelbar vor seinem Tod vor einigen Jahren zusammengetragen. Seine Frau und sein Sohn haben die wertvollen Stücke jetzt dem Stadtmuseum geschenkt, dem Herrmann schon zu Lebzeiten als Experte und Leihgeber verbunden war.

Schon zu Zeiten der Kurfürsten waren erste Keramiken von Mehlem in Bonn gefertigt worden. Auch wenn die hiesigen Erden für die Porzellan-Herstellung nicht fein genug waren, wurde das Unternehmen unter Mehlems Nachfolger Franz Guilleaume um die Wende zum 20. Jahrhundert zum größten Arbeitgeber der Stadt mit über 1000 Beschäftigten. Der Geheime Kommerzienrat Guilleaume war übrigens ein Sohn aus zweiter Ehe des erfolgreichen Kölner Drahtseil-Fabrikanten Theodor Guil᠆leaume (Felten & Guilleaume). Andere lokale Hersteller von Feinsteinzeug waren Ludwig Wessel in Poppelsdorf und Rhenania.

Zwischenüberschrift

„Mit der Entscheidung, uns die Keramiken zu spenden, erhält unser eigener, seit 1999 sorgsam erweiterter Bestand von rund 900 Stücken opulenten Zuwachs“, sagte Stadtmuseumdirektorin Ingrid Bodsch. „Ausgepackt“ hat sie die Sonderschau überschrieben, weil die teilweise filigranen Stücke erst vor wenigen Tagen im Haus der Herrmanns von Mitarbeitern des Museums katalogisiert, verpackt und in die Franziskanerstraße gebracht wurden. Dort sind sie teils originell auf den Umzugskartons drapiert nun hinter Glas zu sehen.

Die Schalen, Krüge, Vasen und Teller stammen aus den Jahren 1880 bis 1914 – der Blütezeit des Unternehmens. „Damals wurde nicht nur in alle Welt geliefert, sondern auch nach dem Geschmack der ganzen Welt“, berichtete Bodsch. Buntes für Mexiko und Niederländisch-Ostindien – das heutige Indonesien, Historisierendes für England und den heimischen Markt. Die Bonner Ware lief so gut, dass Guilleaume in Kessenich einen eigenen Bahnhof bauen wollte, ganz zum Unwillen der Stadt, die sich längst in der Rolle des behaglich-ruhigen Rentierssitzes gefiel.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Produktionsstätte noch kurz von Villeroy & Boch weitergeführt. Schließlich zwang die Weltwirtschaftskrise 1931 zur endgültigen Aufgabe des Bonner Standorts. Im Jahr darauf wurden die Fabrikgebäude geschleift. Auf der Brache entstand erst Jahrzehnte später der Bundesrechnungshof.

Die Ausstellung ist bis zum 22. April im Stadtmuseum zu sehen. Danach müssen die Stücke zunächst ins Depot, bis ein neuer Museumsstandort mehr Platz bietet.

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