Katholische Kirche in Bonn Stadtdechant Schumacher spricht über Rücktritt

BONN · Der frühere Stadtdechant spricht im General-Anzeiger über seinen Rücktritt und die Welle der Solidarität mit ihm. Die Offizielle Verabschiedung ist am Samstag.

Fünf Monate liegt der 11. Mai zurück, an dem Wilfried Schumacher auf Druck des Erzbistums Köln sein Amt als Bonner Stadtdechant aufgeben musste. Hinter ihm liegen nun der Umzug aus der Dienstwohnung am Münster nach Auerberg und eine Zeit des Nachdenkens. Mit dem General-Anzeiger sprach er über seine Erfahrungen und Empfindungen nach der überraschenden Demission.

Zwei Millionen Euro waren bekanntlich der Anlass gewesen. Zwei Millionen Euro, um die sich niemand persönlich bereichert hat. Zwei Millionen Euro, die aber im Kapital der Münsterpfarrei fehlen, weil sie unzulässigerweise aus deren Substanzvermögen entnommen und für das in Teilen defizitäre laufende Geschäft verwendet wurden.

Die Folgen: Die langfristigen Anlagen der Pfarrei sind aufgebraucht, der Münsterladen geschlossen, der Tagungsbetrieb im Münster-Carré ist eingestellt und Wilfried Schumacher ein Jahr früher zum Privatmann geworden als mit dem erreichten Pensionsalter von 70 Jahren. Das Erzbistum lastete ihm an, seiner Leitungsfunktion in diesem Punkt nicht gerecht geworden zu sein.

Schumacher formuliert es so: „Ich musste die funktionale Verantwortung übernehmen für Dinge, die geschehen sind, die ich aber selber nicht getan habe. Allenfalls habe ich zu viel vertraut und zu wenig kontrolliert“, sagt Schumacher rückblickend. Im Mai hätten ihm Leute geraten, eine Weile wegzufahren. „Das wollte ich aber nicht“, sagt der 69-Jährige, „denn ich persönlich habe mir nichts zu Schulden kommen lassen“. Was ihn noch sichtlich anfasst, sind indes die Umstände, unter denen er aus dem Amt scheiden musste. Und auch über die gibt es unterschiedliche Schilderungen.

„Es war schon eine Zäsur mit großer Brutalität und Härte, die ich persönlich nie erwartet hätte. Warum der Bischof so brutal gehandelt hat, kann ich nicht beantworten. Ich bin froh, dass auch die Staatsanwaltschaft festgestellt hat, dass sich niemand bereichert hat“, sagt er und beantwortet die Frage, ob er sich ungerecht behandelt fühle, unumwunden: „Ja. Ich würde lügen, wenn ich das nicht zugäbe.“ Schumacher sei in Übernahme der Verantwortung zurückgetreten, heißt es indes beim Erzbistum unter Verweis auf „eine Reihe Gespräche“, die sich über die Monate zuvor erstreckt hätten. Auch für einen angemessenen Abschied von seinen Mitarbeitern habe man dem Dechanten „keine Steine in den Weg gelegt“. Schumacher hingegen beschreibt den Augenblick des Abschieds im Münster als „kurz und schmerzvoll“.

Fest steht hingegen etwas anderes: Zur Kritik an Schumacher gesellte sich in Bonn eine Welle der Solidarität und eine Petition seiner Unterstützer mit 1500 Unterschriften: „In der Zeit danach verging kein Tag, an dem mich nicht auch wildfremde Leute ansprachen, um mir alles Gute und viel Kraft zu wünschen. Ich habe sehr viel Solidarität und Zuspruch durch Personen erfahren, von denen ich dies nie erwartet hätte. Mir erschienen diese Menschen wie kostbare Goldkörner“, so Schumacher heute.

Über die Höhepunkte seiner 20-jährigen Zeit als Stadtdechant spricht er nur zögerlich. „Das selbst zu beurteilen ist schwierig. An Erfolgen waren neben dem lieben Gott auch sehr viele Mitarbeiter beteiligt, die abseits des Scheinwerferlichts mit daran gearbeitet haben. Ohne sie hätte es nicht funktioniert. Ich war nur die Spitze eines großen Teams“, sagt Schumacher. Den Weltjugendtag 2005 nennt er ein „Musterbeispiel dafür, was diese Stadt kann, wenn sie will“. Drei Dinge, auf die er gern zurückschaue, zählt er dann aber doch auf: die Beteiligung der Gläubigen, die Präsenz der Kirche in der Stadt und die Ökumene.

Nach wie vor ist Schumacher als Geistlicher tätig, im „Unruhestand“ wähnt er sich aber nicht. „Bis zum Mai war ich in einen eng getakteten Kalender eingebunden, den ich selbst nicht geführt habe. Manchmal kam ich mir vor wie ein Intercity im Stundentakt. Jetzt erlebe ich plötzlich die Freiheit, über meine Zeit selbst entscheiden zu können“. Und wenn sein noch unbekannter Nachfolger anriefe und zu einem Erfahrungsaustausch einlüde – könnte er mit Wilfried Schumacher rechnen? „Selbstverständlich“, sagt der. „Jeder kann mein Wissen abrufen. Ich hoffe, dass der Erzbischof einen guten Nachfolger findet.“

An diesem Samstag wird Wilfried Schumacher um 18.30 Uhr in der Stiftskirche an der Kölnstraße in Form einer Heiligen Messe offiziell verabschiedet. Eingeladen hat die Katholische Kirche in Bonn. Im Anschluss besteht die Gelegenheit zur persönlichen Begegnung und Verabschiedung.

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