Weihnachtsmarkt in Bonn Stadt will keine Buden zum Aufwärmen

BONN · Sehen und gesehen werden ist für viele Besucher des Bonner Weihnachtsmarktes das Maß aller Dinge, wenn sie sich an eine Glühweinbude stellen. Und dieses Prinzip hat inzwischen auch die Stadt selbst inzwischen bei der Auswahl der Bewerber verinnerlicht und damit ihr eigenes Konzept verändert.

Doch der Reihe nach: Als Günter Eisbusch kürzlich Post vom Marktamt bekam, traute er seinen Augen nicht: Seine "Glühweintenne", die stets hinter dem "Midi" auf dem Münsterplatz stand, wurde diesmal abgelehnt. Und zwar nicht, um eine Fluktuation auf dem Weihnachtsmarkt zu gewährleisten, sondern weil die "Tenne" für die kleinen Standplätze zu groß und für die großen Plätze zu klein sei. Dabei sei die Hütte 2008 nach mündlichen Vorgaben der Stadt Bonn extra angefertigt worden, berichtet Schausteller Eisbusch.

Doch der entscheidende Punkt kommt jetzt, nämlich das Voyeur-Prinzip. Kurz gesagt: Weil alle Gäste schauen wollen, wer wo steht, ist plötzlich kein Platz mehr für eine an drei Seiten geschlossene Bude wie die "Glühweintenne".

Im Amtsdeutsch hört sich das so an: "Aufgrund des in den vergangenen Jahren immer mehr zunehmenden Angebotes von Sitz- und Stehplätzen in attraktiven, geschlossenen Räumlichkeiten sollen in diesem Jahr mehr Möglichkeiten geboten werden, im geschützten Freien zu sitzen." Im Klartext: Buden mit Wetterschutz, in denen man sich auch mal aufwärmen kann, will die Stadt nicht mehr. Dafür lieber das "geschützte Freie".

Warum dieser Schwenk? Wie das Marktamt mitteilt, solle damit dem "sozialen Charakter" des Weihnachtsmarktes Rechnung getragen werden, "so dass einerseits der Besucher der Gastronomie das Geschehen auf dem Markt als auch die Besucher des Marktes das Treiben an den Ständen beobachten können".

Die Familie Eisbusch ist empört über diese Argumentation und versteht die Welt nicht mehr. "Wir haben die Absage ohne Vorwarnung erhalten und werden vor vollendete Tatsachen gestellt", ärgert sich der 36-jährige Schausteller in dritter Generation. "Das hätte man doch vorher mal sagen sollen, dass sich das Konzept ändert."

Das Vorgehen der Stadt bedeutet wohl auch: Für Senioren oder Menschen, die es nach einem Marktbummel gerne in warme Hütten zieht, wird es weniger Angebote geben. "Wir haben viele ältere Kunden, die gerne in die Bude kommen, um sich auch mal zu setzen", sagt Eisbusch, der in der Tenne allein 40 Sitzplätze vorhält.

Ganz besonders empört hat ihn, dass die Absage der Stadt erst Ende Juni eintrudelte und die Anmeldefrist für andere Märkte da längst vorbei war. "Was hier passiert, ist existenzgefährdend, denn der Bonner Weihnachtsmarkt macht bei uns 50 Prozent des Jahresumsatzes aus."

Die Stadt will die Änderung in der Konzeption nicht weiter erklären. Man könne zu dem Fall auch nichts sagen, weil es sich um eine schwebendes Verfahren handele und die Einspruchsfrist noch laufe, sagte eine Sprecherin des Presseamtes. Sie bestätigte aber, dass es die in dem Brief an die Eisbuschs beschriebene Änderung bei der Budenauswahl gebe.

Bisher hat es den Schaustellern nichts genutzt, dass sich andere für sie einsetzen. Darunter Christoph Schada, CDU-Bezirksverordneter im Stadtbezirk Hardtberg und Ortsausschussvorsitzender in Lengsdorf. Gerade die "Glühweintenne" sei ein Augenschmaus und eingerichtet mit viel Liebe zum Detail, schreibt er.

Die Schaustellerfamilie hat inzwischen per Anwalt Einspruch eingelegt. "Hier wird mit Existenzen von Bonner Betrieben gespielt", sagt Eisbusch. Dabei sei man durchaus kompromissbereit, was die Öffnung der "Tenne" an zwei weiteren Seiten angeht.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort