Prozess um Antonio G. Stadt muss nicht für Wachkoma-Patienten zahlen

BONN · Im juristischen Streit um die Übernahme von Kosten des im Wachkoma liegenden Antonio G. muss das Land Nordrhein-Westfalen dafür alleine geradestehen. Die Richter der 1. Zivilkammer des Landgerichts wiesen die Klage des Landes gegen die Stadt Bonn ab.

Der heute 39 Jahre alte Antonio G. hatte 2004 im Polizeigewahrsam einen Herzstillstand erlitten. Der Randalierer wehrte sich damals heftig gegen eine Blutentnahme. Daraufhin war er von mehreren Polizisten bäuchlings fixiert worden. Dem Polizeiarzt war es erst im fünften Versuch nach etwa einer Stunde gelungen, die Blutprobe zu entnehmen. Durch das Knien auf dem Rücken des Randalierers war die Luftzufuhr abgedrückt worden. Der Mann erlitt einen Herz- und Atemstillstand, so dass er reanimiert werden musste. Seitdem liegt er im Wachkoma.

In einem Strafprozess waren die Polizisten 2006 zu sechs- beziehungsweise siebenmonatigen Bewährungsstrafen verurteilt worden, der Arzt zu einer neunmonatigen Bewährungsstrafe. In einem ersten Zivilprozess hatte sich die Schwester des Komapatienten mit dem Land auf einen Vergleich geeinigt. Es wurde vereinbart, dass 215.000 Euro Schmerzensgeld gezahlt werden, die Schwester eine Entschädigung von 23 000 Euro erhält und Antonio G. in einem Pflegeheim des Landschaftsverbandes untergebracht wird. Doch das Land wollte die Kosten nicht alleine tragen.

Es forderte von der Stadt Bonn, dass diese ein Drittel aller Kosten übernehmen solle. Begründung: Zwei Mitarbeiter des städtischen Rettungsdienstes seien damals hinzugerufen worden. Sie trügen eine Mitschuld. Das sahen die Zivilrichter jedoch anders: Die Klage wurde abgewiesen, da keine Amtspflichtverletzung festgestellt werden konnte. Entscheidend war wohl, dass der Polizeiarzt keinen Notarzt gerufen hatte. Die Sanitäter waren davon ausgegangen, dass sie nur für den Transport des Patienten gerufen wurden. Es habe kein "Einsatz der Notfallrettung" vorgelegen.

Der ärztliche Gutachter war zudem zu dem Schluss gekommen, dass die Sanitäter das Phänomen eines "lagebedingten Erstickungstodes" nicht kennen mussten. Dieses gehöre nicht zum geläufigen Ausbildungsinhalt. Den Antrag der Klägeranwälte auf Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens lehnten die Richter ab.

Für die Sanitäter sprach zudem, dass der Polizeiarzt unter anderem gesagt haben soll, dass das Röcheln nur ein Trick sei, um Aufmerksamkeit zu erregen. Ob die Klägerin weiterhin versuchen wird, einen Teil der Kosten auf die Stadt abzuwälzen, steht noch nicht fest. Sie kann Berufung gegen das Urteil einlegen. In diesem Fall müsste sich dann das Kölner Oberlandesgericht mit dem Fall beschäftigen.

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