Sparen bei der Bonner Suchtprävention Stadt kürzt Zuschüsse für die Suchthilfe

BONN · Caritas, Diakonie und der Verein für Gefährdetenhilfe müssen insgesamt 690.000 Euro einsparen. Auch für Jugendliche wird das Angebot eingeschränkt.

 Der Eventsprinter dient der Suchtvorbeugung und ist Anlaufstation für Jugendliche. Er wird nach der Kürzung nicht mehr so viele Einsätze fahren können wie bisher.

Der Eventsprinter dient der Suchtvorbeugung und ist Anlaufstation für Jugendliche. Er wird nach der Kürzung nicht mehr so viele Einsätze fahren können wie bisher.

Foto: Barbara Frommann

Die Suchthilfe wird ihr Angebot im kommenden Jahr erheblich einschränken müssen: Die Zuschüsse der Stadt werden Schritt für Schritt um 690 000 Euro jährlich gekürzt. Der Beschluss dazu stammt aus 2015 – und wird jetzt wirksam.

Die Ambulante Suchthilfe von Caritas und Diakonie muss 340 000 Euro einsparen, dem Verein für Gefährdetenhilfe (VfG) stehen künftig 350.000 Euro weniger zur Verfügung. Was das für Suchtkranke bedeutet, erklärt Achim Schaefer, Bereichsleiter für die Ambulante Suchthilfe: „Wir werden einige Menschen einfach nicht mehr erreichen können.“

In Zukunft fallen bei Caritas und Diakonie 350 Beratungsstunden im Monat weg. „In der Präventionsarbeit wird das nicht nur Suchtkranke, sondern auch Eltern und Angehörige betreffen“, sagt Schaefer. Dabei gehe es bei Jugendlichen nicht nur ums Komasaufen, sondern auch um Haschisch oder Badesalze als Droge. „Die Einnahme von leistungssteigernden Amphetaminen explodiert“, weiß Schaefer. Wie die Mediensucht, bei der virtuelle Freunde im Sozialen Netz mehr wert seien „als reale Freunde“.

Die Beratungsstelle Update in Lengsdorf wird ihren Eventsprinter nicht mehr so oft einsetzen können wie bisher. Mit dem Bus fahren die Mitarbeiter zu Veranstaltungen wie Bierbörse und Beueler Weiberfastnachtszug, bieten dort Süßigkeiten im Tausch für Bier und Schnaps an und kommen mit den Jugendlichen ins Gespräch. Über diese mobile Beratung konnten pro Jahr rund 25 000 Menschen angesprochen werden. Aber die bisherigen mehr als hundert mobile Einsätze gibt es künftig nicht mehr.

Achim Schaefer befürchtet, dass vor allem Menschen betroffen sein werden, die im Verborgenen mit ihrer Sucht leben, nicht mehr die Wohnung verlassen, weil sie nicht von Computerspielen lassen können, still und introvertiert sind. „Viele Suchtkranke kommen aus einem Impuls heraus zu uns. Wenn wir sie nicht sofort beraten können, weil wir die Sprechstunden einschränken müssen, kommen sie vielleicht nie wieder.“

Auch Nelly Grunwald, VfG-Geschäftsführerin, befürchtet, dass die Schwächsten leiden werden. Der Verein stellt die stationäre Krisenintervention mit medizinischer Versorgung nach 25 Jahren ein. Zehn Leute arbeiten dort. Ohne betriebsbedingte Kündigungen gehe es nicht, erklärt Grunwald.

Die Süchtigen nutzen die Station in verzweifelten Situationen. Die sechs Betten waren durchschnittlich zu 95 Prozent ausgelastet. Trotz allem sagt Grunwald, dass die Stadt so fair war, rechtzeitig das Gespräch zum VfG zu suchen. Eine Übergangsphase werde es geben. Doch sie sagt auch schonungslos: „Dieser Einschnitt wird Menschenleben kosten.“

SPD und Linke hatten mit Änderungsvorschlägen versucht, die Streichung der Zuschüsse in der Sitzung des Stadtrats Anfang Dezember zu verhindern und Deckungsvorschläge für die Finanzierung unterbreitet. Die Koalition folgte ihren Anträgen nicht.

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