Ringen um das Kulturzentrum Stadt Bonn will „Alte VHS“ zur Kita umbauen

Bonn · Vor Jahren zog die VHS aus dem städtischen Gebäude an der Kasernenstraße in Bonn aus. Der Verein "Rhizom" zog daraufhin in die Räume ein. Jetzt will die Stadt Bonn die Immobilie zu einer Kita umbauen.

 Viele Helfer sind in der früheren Volkshochschule an der Kasernenstraße aktiv. Sie machen das Haus zur Villa Kunterbunt.

Viele Helfer sind in der früheren Volkshochschule an der Kasernenstraße aktiv. Sie machen das Haus zur Villa Kunterbunt.

Foto: MARTIN WEIN

Wie wäre es mit einem selbst bedruckten T-Shirt? Oder man könnte doch mal etwas spinnen, also mit Wolle und Spinnrad. Dann kurz zur Massage-Party in der Plattentausch-Börse und danach vielleicht zum Vortrag über Jacques Offenbachs Reise nach Paris im "Unordnungs-Amt", zur Jam-Session, zur Lesung Transhumanistischer Mythologie oder vielleicht auf ein Stück Kuchen und eine Tasse Kaffee in die Küche: Beim Tag der offenen Tür in der Alten VHS (Volkshochschule) an der Kasernenstraße hatten Besucher am Samstag die Wahl. Mancher kam sich wohl vor wie in Pippi Langstrumpfs Villa Kunterbunt, wo man alles darf, aber nichts muss.

"Die Alte VHS ist wie eine kleine Stadt mit vielen Vierteln, Habitaten und auch mit Hinterhöfen, die man erst entdecken muss", findet der angehende Geograf Bastian Siebenmorgen. Neben dem Studium investiert er wie rund 35 andere Aktive des Vereins Rhizom Bonn wöchentlich rund zehn Stunden in das Projekt eines freien Kultur- und Kommunikationszentrums in der Bonner Innenstadt. "Aber ich lerne hier jeden Tag dazu, wie Räume sich füllen und genutzt werden", sagt er begeistert.

Zwischennutzungsvertrag mit der Stadt

Vor einem Jahr hatte es die erste Begehung der damals drei Jahre leerstehenden alten Volkshochschule in der Kasernenstraße / Ecke Wilhelmstraße gegeben. Die städtische VHS war in das neue Haus der Bildung am Mülheimer Platz umgezogen. Der Verein hat seither einen Zwischennutzungsvertrag mit der Stadt. Er bringt dafür 3500 bis 4000 Euro im Monat für laufende Kosten und eine geringe Miete auf. "Das klappt erstaunlich gut mit Fördermitgliedschaften und Spenden", sagt Siebenmorgen. Wer Atelier, die Werkstätten oder Probenräume nutzt, kann dafür spenden. Im Umsonst-Laden wird mehr abgegeben als genommen. Auch in der Foodsharing-Station warten Brötchen und Obst auf Abnehmer.

Jetzt möchte die Stadt Bonn die Immobilie zur Kita ausbauen. Baulich wäre das nach einem Gutachten möglich. Allerdings wäre wohl eine Kernsanierung nötig, die bei der derzeitigen Zwischennutzung entfallen kann. Am Donnerstag soll der Stadtrat ein Gutachten zu den Kosten in Auftrag geben. Die werden bei den baulichen Normen wohl mehrere Millionen Euro betragen. Allein für eine Kita wäre der dreigeschossige Bau wohl auch etwas groß. "Wir würden gerne so lange wie möglich hier bleiben", sagt Bastian Siebenmorgen. Es sei schade, das Entstandene zu zerschlagen. Wenn die Umnutzung zur Kita zwingend nötig sei, wünscht sich der Verein ein anderes Domizil in Innenstadtlage für freie Stadtgesellschaft und Kultur.

Einer der beliebtesten Kulturorte in Bonn

Auch der AStA der Uni Bonn gehört zu den Rhizom-Mitgliedern. "Die Alte VHS Bonn hat sich seit ihrer Gründung zu einem der beliebtesten Kulturorte in Bonn entwickelt", sagt die AStA-Vorsitzende Lena Engel. Auch viele studentische Kulturgruppen nutzten die Räume: als Proberäume, als Treffpunkt für Sitzungen oder für eigene Veranstaltungen. "Auch auf Beschluss des Studierendenparlaments der Uni Bonn setzen wir uns mit den Initiativen der VHS für eine Lösung ein, wie der einzigartige kulturelle Freiraum der Alten VHS auch in Zukunft erhalten werden kann", sagt Engel.

Die Stadt zeigt sich gesprächsbereit. Das Gebäudemanagement stehe mit dem Verein in Verhandlungen über die Nutzung während des geplanten Umbaus und danach, sagt Vize-Stadtsprecher Marc Hoffmann. Allerdings habe das "anfänglich sehr hohe Interesse" sich "aktuell auf ein normalübliches Niveau reduziert". Das habe vielleicht für die Sommermonate gegolten, meint Siebenmorgen. Oder die Stadt spiele darauf an, dass es weniger Lärmbeschwerden von Nachbarn gebe. Das könne allerdings auch an den Lärmschutzwänden, dem Nachbarschafts-Handy zur direkten Abhilfe bei Störungen und der Schließzeit um 22 Uhr liegen, glaubt er.

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