Airbnb, Wimdu, 9Flats & Co Stadt Bonn überprüft „zweckentfremdete“ Wohnungen

BONN · Privatzimmervermittler wie Airbnb erweisen sich für Vermieter trotz drohender Bußgelder als Goldgrube. Eine Taskforce der Stadt Bonn zur Einhaltung der sogenannten Zweckentfremdungssatzung kommt beim Aufspüren von schwarzen Schafen kaum hinterher.

 Eine ganze Reihe Bonner Wohnungen sind zurzeit über verschiedene Online-Portale zu mieten.

Eine ganze Reihe Bonner Wohnungen sind zurzeit über verschiedene Online-Portale zu mieten.

Foto: Screenshot GA

Eine Luxuswohnung in Bonn gefällig? 80 Quadratmeter, gut gelegen in der Weststadt. Gibt es bei Airbnb für 45 Euro pro Nacht. Was günstig klingt, entpuppt sich nach ein paar Klicks als eine wahre Goldgrube für den Kölner Privatmann, der gleich vier solcher Apartments anbietet. Denn checken vier Personen ein, steigt der Preis. Und bringt so pro Monat einen Ertrag von mehr als 4000 Euro. Verlockend, oder?

Das Geschäft mit dem Wohnraum ist in Städten lukrativ. Viele Anbieter haben mehrere Inserate und ihren Auftritt professionalisiert. Mit der Vermittlung von Privatzimmern hat sich in den vergangenen Jahren ein neuer Markt aufgetan, der auch der Bonner Stadtverwaltung nicht verborgen geblieben ist. Mit einer Zweckentfremdungssatzung und einer Taskforce hat sie auf die windigen Geschäfte reagiert. Denn viele solcher Vermietungen laufen am Fiskus vorbei. Nicht nur den Finanzämtern, sondern auch der Stadt entgeht so durch die fehlende fünfprozentige Bettensteuer Geld.

Wer ehrlich ist, gibt alles an. Jeder Gastgeber – egal ob privat oder ein Hotel – erklärt in seiner Steuererklärung quartalsweise die bei ihm angefallenen Übernachtungsentgelte. „Auf welche Weise die Gäste den einzelnen Beherbergungsbetrieb gewählt haben, wird nicht abgefragt“, sagt Andrea Schulte vom städtischen Presseamt. Doch allein auf die Selbstauskunft zu vertrauen, funktioniert nicht.

Nicht jede unangemeldete Vermietung ist illegal

Das zeigt die Statistik der Taskforce, die im Januar 2017 ihre Arbeit aufgenommen hat. Bis September wurden 431 Wohneinheiten in insgesamt 172 Häusern kontrolliert. 295 von ihnen sind nach derzeitigem Stand der Ermittlungen wahrscheinlich zweckentfremdet, müssen aber noch genauer überprüft werden. Erst in vier Fällen wurden Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Die insgesamt siebenköpfige Taskforce, die im September sogar um eine Stelle aufgestockt wurde, kommt kaum hinterher. „Jede Woche kommen neue Meldungen per E-Mail oder über die eingerichtete Hotline hinzu“, so Schulte.

2013 hatte der Rat eine Zweckentfremdungssatzung beschlossen, die Leerstand, Umnutzung oder Abbruch von Wohnraum verhindern soll. Seit einer Änderung im Oktober 2014, die auf die negativen Folgen des Medizintourismus abzielte, fällt auch die gewerbliche Kurzzeitvermietung unter die Zweckentfremdungssatzung – mit Bußgeldern von bis zu 50.000 Euro. Infolgedessen sind auch Anbieter auf Onlineportalen wie Airbnb, Wimdu und 9Flat ins Visier der Kontrolleure gerückt. „Die Bearbeitung erfolgt teilweise aufgrund von Hinweisen und Beschwerden aus der Bevölkerung, aber auch durch Eigenermittlungen“, erklärt Schulte. Von den Portalen erhalten die Städte keine Informationen, da sie sich auf den Datenschutz ihrer Nutzer berufen.

Doch nicht jede unangemeldete Vermietung ist automatisch illegal: Solange die Wohnfläche nicht zu mehr als 50 Prozent für gewerbliche Zwecke genutzt oder die Wohnung nur vorübergehend vermietet wird, greift kein Zweckentfremdungsverbot. Der Terminus „vorübergehend“, wie er in der Bonner Satzung steht, ist im Gegensatz zu anderen Städten schwammig gefasst. In Freiburg gelten acht Wochen im Jahr als legal. In Berlin hat zuletzt ein Vermieter 182 Tage als zulässige Mietzeit eingeklagt.

Airbnb sieht effizientere Nutzung des Wohnraums

Das über die Portale angebotene sogenannte Homesharing sieht man im Stadthaus grundsätzlich als unproblematisch an, solange die Wohnung vom Eigentümer überwiegend selbst und dauerhaft genutzt wird. Die nicht genehmigte Nutzung als dauerhafte Ferienwohnung sei dagegen in einem hohen Maße problematisch, da dieser Platz dem allgemeinen Wohnungsmarkt entzogen werde.

Fragt man die Portale, ist man sich dieser Problematik durchaus bewusst. „Doch die große Mehrheit der Gastgeber auf Airbnb sind Bürger, die ihr Zuhause vermieten, um sich etwas dazuzuverdienen, wenn sie selbst beruflich oder privat unterwegs sind“, sagt Isabelle Klot von Airbnb. Das verknappe den Wohnraum nicht, sondern sorge für eine effizientere Nutzung. Mit der Stadt Dortmund hat das Unternehmen vor Kurzem eine Vereinbarung geschlossen, um die Bettensteuer automatisch bei der Buchung zu erheben. „Wir sind hierzu auch auf andere deutsche Städte zugegangen, um sowohl für die Verwaltung als auch für die Gastgeber den bürokratischen Aufwand zu verringern.“

In Bonn ist das laut Stadtverwaltung nicht geplant, weil man rechtliche Bedenken habe. Airbnb bestehe zudem darauf, Gastgeber und Übernachtungsgäste anonym zu halten. „Die Stadt hätte also keine Möglichkeit, die vom Portalbetreiber abgeführten Steuerzahlungen auf Richtigkeit zu prüfen“, so das Presseamt. Auch mit den großen Anbietern wie Wimdu oder 9Flat sei keine Kooperation geplant. Die geben sich bei dieser Thematik generell zugeknöpft: Auf zwei Presseanfragen erhielt der GA keine Antwort.

Marktführer Airbnb ist da offener. Etwas mehr als 1200 Inserate gibt es derzeit in Bonn. Zum Vergleich: In Berlin sind es mehr als 36.000. Als Reiseziel ist Bonn nicht so oft gefragt. Viermal mehr Bonner haben auf Airbnb eine Unterkunft gebucht, als die Stadt Bonn Gäste über das Portal begrüßen durfte. 2016 gab es 11.600 Gastankünfte, 45.000 Bonner übernachteten außerhalb ihrer Stadt.

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