Fall des jungen Polizisten Julian Rolf Staatsanwaltschaft geht von fahrlässiger Tötung aus

Bonn · Der 22-jährige Bonner Polizist gab den tödlichen Schuss auf den Kollegen Julian Rolf aus seiner Dienstwaffe des Typs Walther P99 DAO ab. Laut Staatsanwaltschaft hat es bei dem Vorfall keine Zeugen gegeben.

Die Ermittlungen im Fall des jungen Polizisten Julian Rolf, der im Bonner Polizeipräsidium von der Kugel eines Kollegen getroffen wurde und verstarb, dauern weiterhin an. „Wir gehen derzeit davon aus, dass es sich um ein fahrlässiges Tötungsdelikt handelt“, sagte Staatsanwalt Sebastian Buß dem GA.

Der 22 Jahre alte Schütze hatte über seinen Anwalt erklären lassen, dass sich der tödliche Schuss im Keller des Dienstgebäudes versehentlich gelöst hatte. Allerdings soll genau das durch verschiedene Sicherungsmechanismen an der Dienstwaffe verhindert werden. Wie sich der tragische Vorfall Ende November zugetragen hat, dazu gibt es bislang keine Angaben seitens der Behörden. Laut der Bonner Staatsanwaltschaft habe es außer dem Schützen keine Augenzeugen der Tat gegeben.

Nicht richtig im Holster eingerastet

Zwei Kollegen, die nach GA-Informationen im selben Gang waren, sollen erst nach der Schussabgabe zu dem Verletzten geeilt sein und seine lebensgefährliche Wunde am Hals versorgt haben, an deren Folgen er rund zwei Wochen später im Krankenhaus verstarb.

Der 22-jährige Schütze schildert die Geschehnisse nach Angaben seines Anwalts Christoph Arnold in einer schriftlichen Einlassung so: Die Dienstwaffe Walther P99 DAO, die er zuvor aus seinem Spind geholt hatte, sei nicht richtig im Holster eingerastet. Im Flur, auf dem Weg zu einer Übung, habe er die Pistole herausgezogen und zur Seite geneigt, um sie zu überprüfen. In diesem Moment habe ihn ein Geräusch erschreckt. In dieser Sekunde soll sich der Schuss gelöst haben, weil er versehentlich an den Abzug gekommen sei. Das Projektil traf Julian Rolf, der etwa vier Meter entfernt gestanden haben soll.

Wie konnte es zu dem Schuss kommen?

Wie sich der Schuss versehentlich lösen konnte und ob beispielsweise ein technischer Defekt vorlag, ist derzeit Teil der Ermittlungen. Sowohl Waffenexperten als auch Polizisten, die täglich mit der Walther P99 DAO umgehen, beschreiben Sicherungsmechanismen der Pistole, die den sonst üblichen Sicherungshebel überflüssig machten.

Das Modell ist seit 2006 bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen im Einsatz und wurde für den Dienst bei Behörden konstruiert. Das Kürzel „DAO“ steht für Double-Action-Only, was die spezielle Funktionsweise bei der Schussabgabe beschreibt. So wird durch Betätigen des Abzugs gleichzeitig der Hahn gespannt, der anschließend zurückschnellt und auf die Patronenhülse trifft, um das Projektil abzufeuern. Dementsprechend muss eigentlich ein hohes Abzugsgewicht von mehreren Kilogramm überwunden und der Abzug bis zum Ende durchgedrückt werden, ehe sich ein Schuss aus der Waffe löst.

Ein weiterer kleiner Hebel, der sehr schmal und mittig im Abzug eingearbeitet ist, muss ebenfalls durch den Finger heruntergedrückt werden – sonst wird der Abzug gesperrt. „Abzugskraft und Abzugsweg sind bei jedem Schuss gleich“, heißt es vom Waffenhersteller Walther. Dort ist derzeit wegen Betriebsferien niemand zu erreichen.

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