Ex-Baulöwe Schneider Staatsanwaltschaft Bonn erhebt Anklage wegen Betruges

KÖNIGSWINTER/BONN · Auch 20 Jahre später steht sein Name immer noch für den größten Betrug zum Nachteil von Banken in der deutschen Geschichte: Als größter privater Baulöwe erschlich sich Utz Jürgen Schneider Anfang der 1990er Jahre Milliardenkredite von rund fünfzig Banken, richtete einen Schaden von 5,4 Milliarden Mark an, flüchtete, und wurde von den USA ausgeliefert und 1997 zu sechs Jahren und neun Monaten Haft verurteilt.

Tatort Petersberg: Im prunkvollen Ambiente des historischen Hotels soll Schneider die Betrugsmanöver eingefädelt haben.

Tatort Petersberg: Im prunkvollen Ambiente des historischen Hotels soll Schneider die Betrugsmanöver eingefädelt haben.

Foto: Volker Lannert

Nun droht dem 79-Jährigen erneut Gefängnis: Die Bonner Staatsanwaltschaft hat ihn angeklagt - wegen gewerbsmäßigen Betruges. Schneider, der zur Tatzeit in Königswinter-Niederdollendorf wohnte, soll von 2008 bis 2009 das feudale Ambiente des Petersbergs genutzt haben, um mit Lügengeschichten an anderer Leute Geld zu kommen.

Wie Oberstaatsanwalt Fred Apostel bestätigte, ist es der zweite Anlauf seiner Behörde, Schneider in Bonn vor Gericht zu bringen. Bereits vor drei Jahren hatte die Bonner Staatsanwaltschaft ihn wegen Betruges vor dem Bonner Amtsgericht angeklagt, weil er im prunkvollen Umfeld des Petersberghotels Geschäftsleuten mit immer derselben Masche das Geld aus der Tasche gezogen haben soll.

2010 warf die Anklage ihm in einem Fall vollendeten Betrug vor und zwei Fälle von versuchtem Betrug. Beim erfolgreichen Betrug soll ihm seine 65-jährige Ehefrau Claudia geholfen haben. Zum Prozess kam es damals nicht, weil Schneider auf die Vorwürfe hin Erklärungen präsentierte, die zu weiteren Ermittlungen Anlass gaben. Und die, so die Ermittler nun, waren nicht zu seinem Vorteil: Denn nun geht es nicht mehr nur um drei Fälle mit einem Schaden von 67.000 Euro.

Sondern die weiteren Ermittlungen haben nun laut Anklage insgesamt sechs Betrugsfälle zutage gefördert, und in drei von ihnen soll Schneider erfolgreich gewesen sein und sich um insgesamt 103.000 Euro bereichert haben. In zwei Fällen soll seine Frau am Betrug beteiligt gewesen sein und gemeinsam mit ihm vor dem Bonner Landgericht stehen.

Dabei hatte sich Schneider, der nach der Haftentlassung ein gern gesehener Gast in Talkrunden war, dort gern als geläuterten Mann bezeichnet, dem Ehrlichkeit nun sehr wichtig sei. Als geläutert und ehrlich aber sieht die Staatsanwaltschaft ihn keineswegs, auch wenn es sich im Vergleich zu damals tatsächlich nur um "Peanuts" handelt - ein Wort, das der damalige Deutsche-Bank-Chef Hilmar Kopper für den Millionenschaden benutzte, den Schneider seinerzeit bei den Handwerkern angerichtet hatte.

Für die Bonner Ermittler steht fest: Schneider, der seinerzeit aus dem Nichts zu einem hofierten Banken-Großkunden wurde und sich mit frisierten und geschönten Zahlen Milliardenkredite für Sanierungen in Ost und West erschlich, soll 2008 und 2009 immer wieder Vertreter von Firmen auf den Petersberg eingeladen haben, um sie über den Tisch zu ziehen.

Dabei soll er sie mit derselben Geschichte gelockt haben: Seine Familiengesellschaft plane, in die Firma Millionen zu investieren, wolle aber die Solidität und/oder Erfolgsaussichten prüfen und brauche dafür eine gewisse Summe. Dann forderte er laut Anklage stets mehrere 10.000 Euro als Vertrauensbeweis.

Von sechs Firmen bissen drei an, und als sie zahlten, forderte er laut Anklage stets noch einen Nachschlag. Um anschließend empört zu erklären: Man wolle doch nichts mit den Geschäften zu tun haben, die seien ja kriminell oder nicht solide oder aussichtslos. In einem Fall soll seine Frau anschließend die ergaunerten 65.000 Euro schnell bar vom Konto abgehoben haben.

Mittlerweile lebt das Ehepaar Schneider nicht mehr am Rhein, sondern wieder im Taunus. Und offenbar zieht es Schneider immer noch an Orte, wo die Reichen und Mächtigen zu finden sind: Erst kürzlich wurde er auf der Insel Sylt gesichtet. Ob und wann er und seine Frau sich in Bonn vor Gericht verantworten müssen, steht noch nicht fest. Die zuständige 4. Große Strafkammer hat das Verfahren noch nicht eröffnet.

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