Einkaufspassage in der Innenstadt Sorge um die Kaiserpassage in Bonn

Bonn · Die Zurich-Gruppe, Eigentümerin der Kaiserpassage, macht den Leerstand in dem einstigen Vorzeigeobjekt zum politischen Thema. Aus ihrer Sicht ist die Kaiserpassage durch den langfristigen Wegfall der Parkmöglichkeiten in der Uni-Garage "negativ betroffen“.

Sie wird im nächsten Jahr 40 und ist Altersgenossin von U-Bahn und Bonner Loch. Die Rede ist von der Kaiserpassage, in der ebenfalls Licht und Schatten zusammentreffen. Hochwertiger Einzelhandel und gute Gastronomie – das waren stets Anspruch und Wirklichkeit. Inzwischen gehört noch ein weiterer Aspekt zur Wahrheit: Der um sich greifende Leerstand in der zentralen Passage ist nicht mehr zu übersehen.

Gut die Hälfte der Ladenlokale wird offenkundig zurzeit nicht bewirtschaftet, manche bereits seit geraumer Zeit. Und das, obwohl der direkte Vergleich mit dem Bonner Loch wirklich ungerecht wäre. Denn schmuddelig wirkt die Kaiserpassage trotz des Leerstands nicht. Im Gegenteil: Wer Müll oder Schmierereien erwartet, liegt falsch. Das überschaubare Warenangebot ist eher hochwertig als billig.

Viel Platz und tiefe Ruhe begrüßen den Kunden etwa in jenem Bereich, der einmal das Herzstück der Passage war. Im Bistro „Ente“ waren Tische und Stühle sowohl innen wie außen einst regelmäßig gut gefüllt. Seit einem halben Jahr steht das Lokal leer. Von ernsthaften Interessenten ist, anders als noch im Herbst, nichts zu hören. Als Reporter mit den Geschäftsleuten ins Gespräch zu kommen, die zwischen den Lücken die Stellung halten, gestaltet sich schwierig. Das Thema sei doch schon durchgekaut worden, lieber solle man mal über die großen Ketten in der Stadt schreiben, die den kleinen inhabergeführten Läden das Leben schwer machten, sagt eine Geschäftsfrau. Auch ein anderer reagiert, angesprochen auf den ihn umgebenden Leerstand, mit Erstaunen: Zu vermietende Ladenlokale gebe es doch überall, was daran denn so ungewöhnlich sei.

Konzept für die Kaiserpassage überdenken

Etwas anders sieht es offenbar die Allianz für Bonn (AfB). Ihre Vertreter in der Bezirksvertretung Bonn stellten in einer Großen Anfrage „dringenden Handlungsbedarf“ fest. Adressat der Frage, warum das einstige Prestigeobjekt nur noch ein Schatten seiner selbst sei, sind Stadtverwaltung und Zurich-Versicherung als Eigentümerin. Diese bietet gleich mehrere Erklärungsansätze dafür an, warum es zwischen Kaiserplatz und Wesselstraße offenbar nicht läuft: So sieht die Versicherung die Gründe im veränderten Einkaufsverhalten sowie in Diskussionen um Dieselverbote und City-Maut. Und auch die Parkplatzsituation in Bonn trage ihren Teil dazu bei.

Wörtlich schreibt die Zurich-Gruppe: „Darüber hinaus ist die Kaiserpassage durch den langfristigen Wegfall der Parkmöglichkeiten in der Uni-Garage negativ betroffen.“ An diesem seit 2013 andauernden Zustand wird sich aber frühestens zum Weihnachtsgeschäft 2019 wieder etwas ändern.

Das ist viel Zeit, das Konzept für die Kaiserpassage zu überdenken. Genau das will der Konzern nun tun. Die Passage sei „nach dem Auslaufen der Mietverträge einiger Einzelhandelsmieter der ersten Stunde nun in einer Phase angekommen, in welcher die Überarbeitung ansteht“. Die Überlegungen dazu würden „noch einige Zeit in Anspruch nehmen“. Ein gewisser Leerstand sei „vertretbar“ und mangelnde Nachfrage nicht das Problem. Ziel sei es aber, „die Qualität des Objektes und der Lage zu erhalten und weiter auszubauen“. Auch die Kaiserpassage müsse „als Bestandteil der Kapitalanlage der Eigentümerin ihren Beitrag leisten“ und alle Investitionen zumindest mittelfristig rentabel sein. In welcher Kurve sich diese Rentabilität zwischen den Parametern „Miethöhe“ und „Mietausfall“ bewegt, beschreibt der Konzern nicht.

Verwinkelte Aufteilung ist ein Problem

Wer den Blick im Inneren der Passage die Wände hinaufwandern lässt, kann den Eindruck gewinnen, als sei einst beim Bau unverhofft Material übrig geblieben, weshalb man sich kurzerhand entschloss, hier noch einen Erker, dort noch ein Treppchen und drüben noch eine Galerie anzufügen. Die Verwaltungssprache der Stadt drückt es anders aus: Man sehe, heißt es dort, die verwinkelte Aufteilung als ein zentrales Problem der Passage an; ebenso die vergleichsweise kleinen Ladenflächen. Und nicht zuletzt stelle sie trotz ihrer Durchlässigkeit für Passanten keine Abkürzung dar.

Beinahe könnte man da dem verspielten Gedanken verfallen, das ganze Bauwerk innen mit einer Wasserrutsche zu versehen, es kurzerhand zu fluten und auf diese Weise der Suche nach Schwimmhallen mit einem zentralen Spaßbad ein Ende zu setzen. Realistischer ist es wohl, dass die Diskussion mittelfristig eine ganz andere Richtung einschlagen wird, wie die AfB bemerkt: Denn wenn selbst eine Passage wie die Kaiserpassage in bester Lage und elegantem Ambiente im Niedergang begriffen sei – inwiefern glaubt die Verwaltung, dass sie an einer anderen, weniger frequentierten Stelle wie dem Viktoria-Karree wirtschaftlich prosperieren könnte? Unter den Geschäftsleuten in der Kaiserpassage fällt die Meinung zu einem neuen Einkaufszentrum jenseits der Uni einhellig aus. Zitierfähig ist sie nicht.

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