Diskussion um Öffnungszeiten Sollten Supermärkte in Bonn samstags bis 24 Uhr öffnen?

Bonn · In Bonn bieten wochentags mehrere Supermärkte ihr Sortiment bis 24 Uhr an. Wenn es nach der NRW-Landesregierung geht, dürfen sie das bald auch an Samstagen. Aber wollen Händler und Kunden das überhaupt? Ein Stimmungsbild aus Bonn.

Konsumieren kann man mittlerweile rund um die Uhr. In Zeiten von Onlineshops ist der Ladenschluss Geschichte. In der realen Welt will die schwarz-gelbe Landesregierung von Nordrhein-Westfalen die Ladenöffnungszeiten für den Samstag weiter ausdehnen – bis auf 24 Uhr. Bei den Oppositionsfraktionen von SPD und Grünen stößt diese Lockerung auf Kritik. Auch die Gewerkschaft Verdi spricht sich gegen eine Ausweitung aus. In anderen Ländern wie beispielsweise den USA sind Öffnungszeiten rund um die Uhr längst Standard.

Per Gesetz gibt es in NRW für die Wochentage Montag bis Freitag keinerlei zeitlichen Einschränkungen – unter der Woche dürfen die Geschäfte schon heute bis 24 Uhr geöffnet haben. Am Samstag liegt die Grenze derzeit noch bei 22 Uhr. „Das war ein schwerer Kompromiss, den wir auch nicht gutheißen“, erklärt Daniel Kolle, Bezirksgeschäftsführer von Verdi für den Bereich Köln, Bonn und Leverkusen. „Wir lehnen die Lockerung an Sonnabenden und Sonntagen ab“, betont auch Thomas Weckelmann, Beauftragter der evangelischen Kirchen in der Landesregierung.

Besteht der Bedarf für das lange Einkaufen?

Aber wie sehen es die Bonner? Besteht in der Bundesstadt Bedarf für Einkaufen bis Mitternacht? Im Bonner Stadtgebiet haben mehr als zwei Dutzend Supermärkte bis 22 Uhr geöffnet, sechs von ihnen wochentags sogar bis 24 Uhr. Noch vor ein paar Jahren sah das ganz anders aus. Damals fehlten Supermärkte im zentralen Innenstadtbereich. Lebensmittel konnten die Bonner in der edlen Feinkostabteilung des Kaufhofs kaufen. Heute gibt es in der City verschiedene Angebote – vom Biosupermarkt über den Discounter bis zum Vollsortimenter.

Zuletzt eröffnete eine „Rewe to go“-Filiale in der Wenzelgasse. Hier erhalten Kunden eine abgespeckte Variante des Warensortiments sowie kleine Gerichte an sieben Tagen der Woche – wenn auch zu einem deutlich höheren Preis als in normalen Filialen der Kette.

Entspanntes Einkaufen am Abend

Das Ortszentrum von Beuel, gegen 21 Uhr. Rund um das Rathaus haben gleich mehrere Supermärkte bis nach 20 Uhr geöffnet, einige schließen um 21 Uhr, andere um 22 Uhr. Verglichen mit der Innenstadt sind die Gänge dieser Lebensmittelgeschäfte allerdings leerer, die Regale dafür umso voller. Mitarbeiter nutzen die Zeit, um Waren nachzulegen. Hier erledigen die Kunden eher kleinere Einkäufe. Ein Mann verpackt seine Einkäufe gerade in eine Papiertüte.

„Das Angebot der langen Öffnungszeiten nutze ich häufig“, sagt er. Gerade als Berufstätiger könne man so noch entspannt in den Abendstunden einkaufen gehen. Auch bei anderen Späteinkäufern stößt das Angebot auf Zuspruch. Einer der Kunden erzählt, dass er beruflich täglich zwischen Beuel und Düsseldorf pendelt. Ihm bleibe nur der Abend, um die nötigen Einkäufe zu erledigen. „Früher habe ich in Kessenich gewohnt, da war der Supermarkt sogar bis 24 Uhr geöffnet“, sagt er.

Stimmen gegen das Nacht-Einkaufen

Stadtzentrum, ein Rewe-Markt, 21 Uhr, noch drei Stunden bis Ladenschluss. Um diese Uhrzeit herrscht in dem Geschäft noch reges Treiben. Den Wocheneinkauf erledigen allerdings nur die wenigsten. Die überwiegend jungen Kunden kaufen eher Produkte für ein verspätetes Abendessen. So wandern Sushi-Boxen, Fertigsalatmischungen oder Brot aus dem Backregal in den Einkaufswagen. Andere legen Chipstüten, Bierflaschen oder eine Flasche Rotwein auf das Fließband. Immer wieder strömen neue Käufer in den Laden.

Ähnliche Einkaufszenen zeigen sich auch in Supermärkten in Süd- und Nordstadt oder in der Godesberger City um diese Tageszeit. Aber nicht bei allen Kunden kommt das Nacht-Einkaufen an. „Ich finde das eigentlich nicht gut“, sagt eine Frau beim Verlassen des Supermarktes. „Die Mitarbeiter sollten so früh wie möglich zu ihren Familien gehen können.“

Marktbetreiber entscheiden selbst

Das Ladenöffnungszeitengesetz steckt nur den erlaubten Rahmen ab, die genauen Geschäftszeiten bestimmen die Händler. Während große Supermarktketten wie Aldi für alle Filialen eine einheitliche Öffnungszeit ansetzen, unterscheiden sich bei den meisten anderen Supermarktketten die Zeiten von Markt zu Markt. Ausschlaggebend für die Wahl der Geschäftszeiten ist die Wirtschaftlichkeit. „Die Öffnungszeiten unserer Rewe-Märkte orientieren sich an den Bedürfnissen der Kunden im jeweiligen Quartier und natürlich behördlichen Genehmigungen oder Auflagen.

Heißt: Die Märkte haben dort länger geöffnet, wo es entsprechende Nachfrage gibt und es erlaubt ist“, erklärt Thomas Bonrath, Sprecher von Rewe. Auch bei Edeka liegt die Entscheidung bei den jeweiligen selbstständigen Marktbetreibern: „Die Kaufleute entscheiden über ihre Öffnungszeiten autonom und richten sich dabei allein nach den örtlichen Markt- und Wettbewerbsbedingungen“, sagt Gerd Koslowski, Sprecher der Edeka-Handelgesellschaft Rhein-Ruhr.

Keine steigenden Umsätze garantiert

Ein entscheidender Einflussfaktor sei beispielsweise das Umfeld des Supermarktes, erklärt ein Rewe-Marktleiter. In Gebieten mit vielen Studenten oder jungen Anwohnern, würden auch die späten Öffnungszeiten gut angenommen. Beispiele hierfür finden sich in der Südstadt oder der Bonner Innenstadt. In Randbezirken wie Beuel mit überwiegend Familien oder älteren Anwohnern würden hingegen kürzere Öffnungszeiten ausreichen.

„Die Frage ist, ob es ein Umschichten ist, oder ob es sich auch im Umsatz widerspiegelt“, erklärt Adalbert von der Osten, Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbands Bonn-Rhein-Sieg-Euskirchen. Längere Öffnungszeiten bedeuten nicht unbedingt steigende Umsätze – zumindest in manchen Branchen. Bei Modegeschäften könnten längere Einkaufszeiten zu einer entspannteren Einkaufsatmosphäre beitragen, die eher zum Kauf bewegt. Generalisieren lässt sich das allerdings nicht. „Es ist immer eine Abwägungsfrage“, sagt von der Osten.

Mancher Händler hat sich längst gegen längere Öffnungszeiten entschieden. „Hier lohnt sich das nicht“, sagt Mechthild Meyer, Mitarbeiterin von Ludus, einem Spielwarengeschäft an der Friedrichstraße. Für Weihnachten hatten sie längere Öffnungszeiten ausprobiert, es aber im vergangenen Jahr wieder bei 19 Uhr belassen. Denn wer länger offen hat, zahlt auch höhere Kosten für Strom, Heizung und Personal. Und so schließen die Einzelhändler in der Bonner Innenstadt zwischen 19 und 20 Uhr, samstags auch früher.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort