Wahl in Bonn So lief der Wahlabend im Bonner Stadthaus

Bonn · Ulrich Kelber ist der Einzug in den Bundestag gelungen. Er gewann in Bonn das Direktmandat. Konkurrentin Claudia Lücking-Michel bangt noch um den Einzug über die Landesliste der CDU.

Er hat bis zum Schluss um seinen Wiedereinzug in den Deutschen Bundestag gezittert: Um 21 Uhr ist sich Ulrich Kelber so sicher, dass er im Stadthaus vor die Presse tritt. Der Bonner SPD-Bundestagsabgeordnete und bisherige Staatssekretär im Justiz- und Verbraucherministerium holt zum fünften Mal das Direktmandat, mit deutlicherem Vorsprung als beim letzten Mal. Bei der Wahl 2013 trennten ihn und Lücking-Michel bloß tausend Stimmen voneinander. Diesmal sind es rund 5047. Die Wahlbeteiligung liegt bei 79,3 Prozent.

Schon früh am Abend hat sich abgezeichnet, dass Kelber gegen CDU-Mitbewerberin Claudia Lücking-Michel das Rennen machen würde. „Zunächst saß bei uns der Schock über das gute Abschneiden der AfD tief. Ich freue mich aber, Bonn weiterhin im Bundestag vertreten zu dürfen“, sagt Kelber in einer ersten Stellungnahme. Die Anspannung der letzten Stunden stehen ihm noch deutlich ins Gesicht geschrieben. Der Bonner SPD-Chef Gabriel Kunze dankt Kelber und dem Wahlkampfteam für die gute Arbeit in den vergangenen Monaten, betont aber, „dass das schlechte bundesweite Abschneiden der SPD natürlich nicht erfreulich war“.

Seine größte Konkurrentin Claudia Lücking-Michel (CDU) räumt den Wahlsieg Kelbers kurz darauf ein. Unklar ist zu diesem Zeitpunkt, ob sie den Einzug über die Landesliste schaffen wird. „Ich hoffe, dass Bonn eine weitere Stimme im Parlament bekommen wird“, sagt sie. Für ihre Niederlage macht sie auch den Bundestrend verantwortlich.

Im Pressezentrum im Stadthaus, wo sich am Sonntagabend kurz nach 18 Uhr Vertreter der Bonner Parteien und Ratsfraktionen versammelt haben, um von Oberbürgermeister und Wahlleiter Ashok Sridharan die Ergebnisse für Bonn aus erster Hand zu erfahren, ist vielen das Entsetzen über den Wahlerfolg der AfD auf Bundesebene anzusehen. Obgleich es die meisten so erwartet haben. Das erste Bonner Ergebnis trudelt kurz vor 19 Uhr ein: Stadtsprecherin Monika Hörig verkündet das Erststimmenergebnis des Stimmbezirks Klufterplatz in Friesdorf: Da liegt Ulrich Kelber bereits deutlich vor seiner Konkurrentin. Ein Trend, der den ganzen Abend anhält.

Zu dem Zeitpunkt können sich der Bonner Direktkandidat der FDP, Alexander Graf Lambsdorff, und Katja Dörner von den Grünen beruhigt zurücklehnen. Beide Kandidaten haben da den Einzug in den Bundestag über ihren jeweils dritten Platz auf den Landeslisten ihrer Parteien bereits geschafft. „Die FDP hat sich mehr als verdoppelt. Das ist ein historisches Comeback, das uns niemand zugetraut hat. Aber wir bleiben auf dem Teppich, denn die eigentliche Arbeit beginnt jetzt erst“, erklärt Graf Lambsdorff, der mit seinem Bonner Parteifreund, NRW-Familienminister Joachim Stamp, den Wahlkrimi in Berlin von der Parteizentrale aus verfolgt. Stamp lobt Graf Lambsdorff: „Er hat in Bonn ein großartiges Ergebnis erzielt und ist neben Christian Lindner ein weiteres wichtiges Gesicht unserer Partei.“

Katja Dörner, seit 2009 Mitglied der Grünen-Bundestagsfraktion, kommt kurz vor 19.30 Uhr in den Ratssaal: „Ich sehe das Wahlergebnis mit einem weinenden und einem lachenden Auge.“ Sie sei mit dem Bonner Ergebnis zufrieden, „aber das Abschneiden der AfD ist höchst besorgniserregend“, sagt sie. Zur möglichen Koalition mit CDU und FDP erklärt sie: „Wir werden jetzt erst einmal seriöse Koalitionsgespräche mit beiden Parteien führen. Aber eines kann ich schon vorweg sagen: Als bloßes Ökoanhängsel von CDU und FDP stehen wir Grünen nicht zur Verfügung.“

Parteichef Christos Katzidis, seit Mai auch Bonner Landtagsabgeordneter, stellt sich am Abend geknickt den Pressevertretern: „Das Ergebnis ist natürlich nicht erfreulich. Frau Lücking-Michel hat einen guten Wahlkampf geleistet, aber der Bundestrend hat sich offensichtlich auf ihr Erststimmen-Ergebnis ausgewirkt.“ Er hoffe, dass im Laufe der Nacht klar wird, dass sie es doch noch über ihren Listenplatz in den Bundestag schaffe und Bonn eine weitere Wahlperiode in Berlin vertreten könne.

Dagegen ist AfD-Direktkandidat Sascha Ulbrich in Hochstimmung, auch wenn er selbst – weil ohne Listenplatz – nicht nach Berlin gehen wird. „Das ist gut. Das ist gut“, ruft er aus. Irgendwie scheint er darauf zu warten, dass ihm jemand gratuliert. Doch alle, die in seiner Nähe sitzen, zeigen ihm nur die kalte Schulter.

Jürgen Repschläger, Bonner Bundestagskandidat der Linkspartei meint, „ich bin mit dem Bundesergebnis in der Gesamtschau natürlich nicht zufrieden. Ich bin aber auch nicht vor den Kopf geschlagen, weil ich das Ergebnis, so wie es zurzeit vorliegt, leider auch so erwartet habe“. Allerdings habe er die Grünen etwas schwächer und die Linken etwas stärker gesehen. Er selbst sei mit seinem persönlichen Ergebnis als Direktkandidat insgesamt „zufrieden“, mit dem Bonner Zweitstimmenergebnis für die Linken sogar „hoch zufrieden“. Das sei eine gute Vorlage für die Kommunalwahl 2020.

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