Einschulung in Bonn So erlebten Bonner Kinder den ersten Schultag

Bonn · Für rund 3000 Bonner Kinder hat mit der Einschulung am Donnerstag der „Ernst des Lebens“ begonnen. Auch wenn aus dieser Ernsthaftigkeit inzwischen eine eher fröhliche Veranstaltung geworden ist, bleibt die Einschulung ein besonderer Tag.

 Ein besonderer Tag endet mit Schlumpfeis: (v.l.) Noah, Calvin Lewis sowie die Eltern Sheryl und Sascha Cyttrich.

Ein besonderer Tag endet mit Schlumpfeis: (v.l.) Noah, Calvin Lewis sowie die Eltern Sheryl und Sascha Cyttrich.

Foto: Stefan Hermes

Für rund 3000 Bonner Kinder hat mit der Einschulung am Donnerstag das begonnen, was der Elterngeneration noch warnend als der „Ernst des Lebens“ beschrieben wurde. Auch wenn aus dieser Ernsthaftigkeit inzwischen eine eher fröhliche Veranstaltung geworden ist, bleibt die Einschulung ein besonderer Tag, den die meisten Kinder seit Generationen ungeduldig erwarten.

„Rechnen, Schreiben und Lesen kann ich schon“, sagt Calvin Lewis, der nach drei Jahren im Duisdorfer Kindergarten Regenbogenland auf die katholische Rochus-Grundschule wechselt. Vater Sascha Cyttrich relativiert: „Die Vorschulkinder haben zusammen die ersten Zahlen und das Alphabet geübt.“ Die Vorbereitungen auf den großen Einschulungstag haben Calvin eine unruhige Nacht beschert.

Nun sitzt er beim Frühstück und schweigt. Doch sein Blick wandert immer wieder zu der Schultüte, die er zusammen mit seiner Mutter Sheryl und dem dreijährigen Bruder Noah gebastelt hat. Sie zeigt mit dem Kinohelden Spiderman sein Idol. Noch weiß er nicht, was seine Mutter Sheryl Cyttrich darin versteckt hat. Sie stammt aus Cebu City, einer Siedlung auf den Philippinen. Calvins Vater hat sie als Restaurantmanagerin in Kuwait kennengelernt, wo er als Küchenchef tätig war. Beide sind mit ihren Berufen weit in der Welt herumgekommen.

Cyttrich kochte schon für den Sultan von Oman und arbeitete als Koch in Hotelketten von Ägypten über Spanien bis hin nach Vietnam. Seit 2011 ist die Familie Cyttrich in Duisdorf sesshaft geworden. „Die Reiserei hat mit der Geburt unserer Kinder ein Ende“, sagt der Vater und scheint dabei nicht unglücklich. Jetzt wohnen sie in Sichtweite der Rochusschule.

„Nein“, sagt Calvin, er sei nicht aufgeregt. Eigentlich freue er sich nur auf den Tag. Zusammen mit seinem Bruder, seiner Großmutter Jasmin Fischer und seiner Tante Jaqueline macht sich die Familie auf den Weg zur Rochuskirche. Schon in der Fußgängerzone vor der Kirche ist an den vielen schultütentragenden Eltern unschwer zu erkennen, dass heute ein besonderer Tag ist. Calvin trägt mit stolz seinen Ranzen auf dem Rücken, den ihm Oma Jasmin gesponsert hat. Natürlich ziert ihn – wie auch seine Schultüte – Spiderman. Aufmerksam beobachtet Calvin, was seine neuen Schulkameraden auf dem Rücken tragen. Bisher hat er unter den Fußball-, Geister oder Pferdedesigns noch nichts besseres als seinen Spiderman entdeckt.

Hoher Andrang

Die Rochuskirche ist so voll, wie ansonsten nur noch zu Weihnachten. Kaum zu erkennen, ob die Eltern oder die Kinder aufgeregter sind. Calvin nimmt's gelassen. Er beobachtet genau und denkt sich seinen Teil. Nachher wird er einsilbig sagen, dass alles sehr schön war. „Ich weiß aus eigener Erfahrung sehr genau, dass es ganz besondere Tage sind, wenn Eltern ihre Kinder loslassen müssen“, sagt Pfarrvikar Hans Münch. „Wenn sie ihre Kinder nicht mehr in den Kindergarten bringen, sondern sie selbstständig in die Schule gehen lassen.“

Durch den frühen Tod seiner Frau ist Münch erst 2004, nachdem er bereits Vater von vier Kindern war, zum katholischen Priester geweiht worden. Calvins Mutter freut sich darüber, dass die Einschulung mit Gebeten und Fürbitten in der Kirche beginnt. Für ihren Mann Sascha ist es das erste Mal in der Rochuskirche. Nach dem Segen verlassen die Dritt- und Viertklässler zuerst die Kirche. Sie wollen vor den Neuen am Schulhof eintreffen, um „die Kleinen“ dann in einem Spalier singend und fähnchenschwenkend zu empfangen. Sie haben Lieder und Tänze vorbereitet.

Schulleiterin Birgit Klippel vergleicht das Schulleben mit einer Schiffsreise. „Wir fahren nun über das weite Meer des Wissens“, sagt sie. Natürlich müsse niemand alleine das Abenteuer bestehen, dafür gebe es ja die Steuerleute an der Rochusschule.

Dann wird es ernst: Die Kinder werden ihren Klassen zugewiesen, stellen sich in Zweierreihen auf und folgen – noch einmal ihren Eltern zuwinkend – ihren Klassenlehrerinnen ins Schulgebäude. „Für mich ist das der schönste Tag im Schuljahr“, versichert die Schulleiterin. „Alle kommen aus den Ferien, die Kollegen sind entspannt, ich bin entspannt, und die Eltern und Kinder sind das auch.“

Klippel ist seit neun Jahren Leiterin an der Rochusschule. „In der Zeit ist die Gesellschaft bunter geworden“, sagt sie. Damit seien auch die Herausforderungen gewachsen. An ihrer Schule haben etwa die Hälfte der Kinder ausländische Wurzeln. Beim Abschied ruft sie den Eltern zu, dass beim Rochusschiff niemand über Bord gehen werde. Alle mögen bitte „cool bleiben“. Calvins Familie nimmt das wörtlich und feiert den Tag mit einem Eisbecher auf der Rochusstraße. Calvin wählt Schlumpfeis.

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