10.000 Bürger befragt So entsteht Bonns neuer Mietspiegel

Bonn · Bezahlbare Wohnungen sind in Bonn rar. Um einen Überblick zu bekommen, ob Mieten teuer oder angebracht sind, kann man in den Mietspiegel schauen. Doch über den gab es in Bonn bislang immer Streit.

Wer in Bonn eine Wohnung sucht, muss – wie in vielen anderen Städten auch – viel Geduld oder ein gut gepolstertes Konto haben. Denn bezahlbare Wohnungen in der Bundesstadt sind rar und die Konkurrenz unter den Wohnungssuchenden ist groß. Ein Instrument, um schnell zu erkennen, welche Wohnung in welcher Lage und je nach Standard kostet, ist der Mietspiegel. Er gibt eine Übersicht über die ortsüblichen Vergleichsmieten.

Doch um den aktuellen Mietspiegel hat es in der Vergangenheit Streit gegeben. Jetzt soll ein neuer Mietspiegel aufgelegt werden. Dafür hat die Stadtverwaltung am Montag eine repräsentative Befragung unter rund 10.000 per Zufall ausgewählten Mietern und Vermietern gestartet. Erstmals erhoben werden dabei auch Mieten aus Ein- und Zweifamilienhäusern. Im Sommer 2020 soll der neue Mietspiegel auf dem Tisch liegen und vom Rat beschlossen werden.

Wieder mit im Arbeitskreis zur Erstellung des neuen Mietspiegels sitzen neben der Stadt Bonn und dem Mieterbund der Eigentümerverein Haus & Grund Bonn/Rhein-Sieg sowie sein Pendant aus Bad Godesberg/Wachtberg. Die beiden Eigentümervereine hatten den aktuellen Mietspiegel kritisiert, weil er aus ihrer Sicht grobe statistische Fehler aufweist, wie Michael Kaiser (Bad Godesberg) sowie Helmut Hergarten und Markus Gelderblom (Bonn/Rhein-Sieg) bei einer Pressekonferenz mit Stadtbaurat Helmut Wiesner und den Vertretern des Mieterbunds, Bernhard von Grünberg und Peter Kox, erklärten. „Wir hatten ursprünglich überlegt, ob wir am neuen Mietspiegel überhaupt mitwirken sollen“, so Gelderblom, „aber wir haben ja auch ein großes Interesse an einem qualifizierten Mietspiegel. Zudem wird der neue Mietspiegel erstmals durch eine externe Fachberatung wissenschaftlich begleitet, das entspricht unserer Forderung.“

Ein Kritikpunkt war, dass bei einem großen Teil der Wohnungen in Bonn die Mieten niedriger angesetzt worden waren als zuvor, erklärte Gelderblom. Die Kriterien, die damals dafür angelegt worden seien, hätten wissenschaftlich keinen Bestand gehabt, das hätten auch Experten bestätigt. „Jetzt wird der Vorgang sehr transparent gestaltet, jeder einzelne Schritt wird uns vorgestellt und mit uns besprochen.“ Man befinde sich auf einem guten Weg, allerdings werde man das Verfahren weiterhin kritisch begleiten.

Wie die Vertreter der Eigentümervereine, so appellierte auch Stadtbaurat Helmut Wiesner an alle ausgewählten Bürger, bei der Befragung mitzumachen, um einen qualifizierten Mietspiegel zu erhalten. Der Mietspiegel der Bundesstadt Bonn sei gerade bei anstehenden Erhöhungen eine unverzichtbare Grundlage für eine einvernehmliche Regelung zwischen Vermietern und Mietern. Oftmals können mit Hilfe eines qualifizierten Mietspiegels Streitigkeiten über die Miethöhe beigelegt und hohe Kosten für eine gerichtliche Auseinandersetzung vermieden werden, erklärte Wiesner. Dem pflichtet der Mieterbund bei. „Wir mussten uns zwar ein Stück weit zusammenraufen, aber ich freue mich jetzt sehr darüber, dass wir alle zusammen am Tisch sitzen“, sagte Peter Kox. „Für den Mieterbund ist der Mietspiegel vor allem als Schutzinstrument für die Mieter von hoher Bedeutung.

Er definiert verbindliche Grenzen und ist damit ein wesentlicher Baustein für die Befriedung des Wohnmarkts in Bonn.“ Allerdings machten er und von Grünberg deutlich, dass sich einige schwarze Schafe unter Vermietern befänden, die die aktuelle Notlage am Wohnungsmarkt durch unangemessen hohe Mieten ausnutzten. Das nachzuprüfen und zu ahnden sei kaum möglich, da eine entsprechende Datenbank fehlte. „Die Stadt Bonn müsste einen eigenen Wohnungsmarkbericht erstellen“, fordert von Grünberg nicht zuletzt auch angesichts der städtischen Transferleistungen fürs Wohnen von inzwischen mehr als 100 Millionen Euro im Jahr. Von Grünberg appelliert ebenfalls an alle Bürger, die in den nächsten Tagen und Wochen von einem der rund 50 Interviewer befragt werden, mitzumachen. Rund 3000 beantwortete Fragebögen sind am Ende notwendig, um einen qualifizierten Mietspiegel erstellen zu können. Nach Angaben der Stadt Bonn erfolgt die Auswertung und Speicherung sämtlicher Daten anonym.

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