Stichproben in der City Situation mit Kaffeebechern in Bonn bleibt problematisch

Bonn · Hundert Betriebe in Bonn bieten Kaffee im Mehrwegbecher an. Nach Start der Kampagne hat sich ihre Zahl allerdings kaum erhöht. Unser GA-Autor begab sich auf einen Streifzug durch die Stadt.

 Am Caféroller neben dem Hofgarten ist das Befüllen eines Mehrwegbechers kein Problem. Hygienebedenken haben andere Anbieter.

Am Caféroller neben dem Hofgarten ist das Befüllen eines Mehrwegbechers kein Problem. Hygienebedenken haben andere Anbieter.

Foto: Benjamin Westhoff

Am Kaffeeroller an der Bonner Universität ist die Welt weitgehend in Ordnung. Hier gibt es dampfenden Kaffee oder Tee frisch aufgebrüht in die Porzellantasse. Wer es eilig hat, der kann Eva Jossenhans und ihren Kolleginnen und Kollegen auch seinen eigenen Becher reichen. "Das machen durchaus einige", berichtet die junge Frau fröhlich. Für alle anderen gibt es Pappe, die nach 15 Minuten bestenfalls im Mülleimer landet.

Coffee-to-go hat sich etabliert. Mit der Aktion "Bonn geht den Mehrweg" versucht der kommunale Abfallentsorger Bonnorange seit dem Sommer, der täglichen Flut von schätzungsweise 40.000 Kaffeebechern samt Plastikdeckel etwas entgegenzusetzen, die täglich in Bonn verbraucht werden. Hundert gastronomische Betriebe machen mit, berichtet Jérôme Lefèvre aus der Pressestelle des kommunalen Müllentsorgers. Neben großen Anbietern wie McDonald's oder den Kantinen des Post-Konzerns sind es vor allem etablierte Bonner Cafés, die den Mehrweggedanken unterstützen. Seit dem Start der Aktion hat sich die Zahl der Teilnehmer kaum erhöht. Und gerade die Filialisten mit hoher Kundenfrequenz etwa am Hauptbahnhof sind nicht darunter.

Eine Stichprobe in der City ergibt allerdings: Auch viele Bäckereien, die nicht gelistet sind, geben Heißgetränke auf Wunsch in Mehrwegbecher der Kunden ab. Das klappt in der Filiale von Lubig in der Wenzelgasse ebenso wie beim Stadtbrotbäcker Rott am Münsterplatz. Bei Backwerk in der Remigiusstraße bekommt der Kunde sogar einen Rabatt von 20 Cent, weil er ja den Becher einspart. Auch bei Kamps in der Windeckstraße gibt es einen Rabatt. Dies ist auch der einzige Ableger einer Großbäckerei, der die Aktion bislang unterstützt. Werbung für Mehrweg sieht man indessen kaum.

Bei einer Kölner Bäckereikette in der Poststraße dann genau das Gegenteil. Einen Kundenbecher dürfe man nicht befüllen, weigern sich die Angestellten strikt. Das sei hygienerechtlich nicht zulässig. Ihr Kompromissvorschlag: Der Kaffee kommt in einen Pappbecher und von dort ins Kundengefäß. Müllersparnis: keine.

Die Stadtverwaltung beruhigt bedingt: "Grundsätzlich gibt es keine Vorschriften durch die Stadt Bonn bzw. die Lebensmittelkontrolle, die den Ausschank oder die Abgabe von Lebensmitteln in Mehrwegbehälter verbietet", heißt es aus dem Presseamt. Allerdings trage "die Verantwortung dafür, wie ein Lebensmittel abgegeben wird, immer der Gewerbetreibende".

Deckel möge stets in der Hand des Kunden bleiben

Es ist diese angebliche Verantwortung, aus der heraus manche Kette von Mehrweg bislang offenbar nichts wissen will. Dabei gibt der Lebensmittelverband Deutschland Entwarnung. In einer gesetzlich verbindlichen Handreichung stellt er für mitgebrachte Trinkgefäße klar: "Da das Behältnis Kundeneigentum ist und auf explizite Veranlassung des Kunden befüllt wird, also nicht vom Lebensmittelunternehmer in Verkehr gebracht wird, kann dem Unternehmer keine Verantwortung für die Eignung und Beschaffenheit des Bechers zugerechnet werden."

Allerdings gelte es einiges zu beachten, um hygienisch auf der sicheren Seite zu bleiben. Damit die Kundenbecher den Ladenbereich nicht mit Keimen belasten, dürften sie nicht in die Nähe offener Lebensmittel gelangen. "Optimal ist die Nutzung von Umfüllgefäßen oder Becherhaltern bzw. Tabletts für die Kundenbecher", heißt es im Merkblatt. Der Deckel möge stets in der Hand des Kunden bleiben.

Matthias Johnen ist stellvertretender Geschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) Nordrhein in Köln. Er war an der Konzeption der Bonner Mehrweg-Kampagne beteiligt. "Gerade bei Filialunternehmen ist das gesamte Prozedere in Personalschulungen einzubauen und dies dauert ein wenig länger", entschuldigt er. Die Kunden gäben jedoch klar die Richtung zu Mehrweg vor. Sie entschieden letztlich mit ihren Füßen und gingen zu einem anderen Anbieter mit Wiederbefüllung.

Wie etabliert Mehrweg bei Bonner Kaffeetrinkern inzwischen tatsächlich ist, lässt sich nicht beurteilen. Niemand führt Buch dazu. Ein Blick in die Läden mit ihren hohen Stapeln frischer Becher sowie in die Mülleimer von Bonnorange lässt allerdings ahnen, dass in der Stadt noch mancher Kaffee im Wegwerfbecher genossen wird.

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