Fällarbeiten am Alten Zoll Sechs Bäume bleiben stehen

BONN · Seit Dienstagmorgen wird die Kettensäge an den Kastanien angesetzt. Aber es werden nicht alle 27 Bäume gefällt, sechs auf der Seite zur Konviktstraße bleiben stehen. Bis Mittwochabend sollen die Arbeiten abgeschlossen sein, so Jörg Cremer von der beauftragten Baumpflegefirma aus Sankt Augustin

 Die sechs Bäume links, also das spiegelverkehrte L, bleiben stehen.Am Dienstag wurde schon ein Großteil der Bäume gefällt.

Die sechs Bäume links, also das spiegelverkehrte L, bleiben stehen.Am Dienstag wurde schon ein Großteil der Bäume gefällt.

Foto: Volker Lannert

Erst am Montagabend lag die artenschutzrechtliche Prüfung vor, so Christiane Feger, Projektleiterin beim Bau- und Liegenschaftsbetrieb Köln (BLB). Danach erst konnte die Behörde grünes Licht für die Baumfällaktion geben, weil man sich ja schon in der gesetzlichen Vogelschutzzeit befindet, in der Radikalschnitte nicht mehr erlaubt sind.

Am kommenden Montag beginnen dann die sogenannten Sondierungsbohrungen. Der Alte Zoll war im Krieg auch von einer Fliegerbombe getroffen worden. Außerdem lag er genau in der Flugschneise der alliierten Luftkräfte. Gut möglich also, dass sich noch Blindgänger im Untergrund befinden. Da es sich um eine Durchflugschneise handelt, sieht der Kampfmittelräumdienst hier einen "Gefährdungshorizont". Er wird daher in einem recht engen Rasten weit mehr als hundert Löcher sechs Meter in die Erde bohren.

"Das sind langsame Schneckenbohrer, bei denen man sofort merkt, wenn man auf Widerstand stößt", erläutert der Königswinterer Architekt Markus Sandner. In diese Löcher werden Kunststoffhülsen gesetzt, durch die dann wiederum die Sonde geführt wird. Diese misst das Erdmagnetfeld und meldet Anomalien, sprich metallene Gegenstände. "Gut möglich, dass es sich auch um eine alte Nähmaschine handelt. Fakt ist, dass wir dann aber den Boden ausheben müssen, um nachzusehen, ob es etwas zu bergen gibt", so die Projektleiterin. Schon für diesen Fall müssten die Bäume entfernt werden. Aber klar sei, dass diese Untersuchungen das Wurzelwerk komplett zerstören.

Erst wenn sicher ist, dass keine Blindgängerin im aufgeschütteten Grund des Alten Zolls liegen, beginnen die eigentlichen Sanierungsarbeiten. Das Problem ist, dass das Fundament der Mauer für die 15 Meter hohe Bastion eigentlich nicht ausreichend ist. "Ursprünglich war die Bastion ja nur sechs Meter hoch, wurde aber später immer wieder ausgebaut", so Sandner. "Man kann das an den unterschiedlich verwendeten Steinen erkennen. Im unteren Bereich wurde Säulenbasalt, Drachenfelser Trachyt mit Ausgleichslagen von Ziegeln verwendet."

Das aktuelle Problem ist, dass der Druck des Erdreichs von hinten so hoch ist, dass sich die Wand langsam nach außen dreht. "Es gibt auch schon Risse in den Kanten", so Projektleiterin Feger. Nach vielen Begutachtungen und Berechnungen müssen rund 220 Anker von 7.50 Metern bis 20 Metern Länge seitlich eingebohrt werden. Die Bäume zur Konviktstraße können nur deshalb erhalten werden, weil von dort keine Anker angebracht werden müssen. Im Inneren wird das Bauwerk von einem vier Meter breiten und ebenso hohen Gewölbegang in durchzogen. Die aus jüngster Zeit stammenden Einbauten innerhalb dieses Gewölbegangs dienten im Zweiten Weltkrieg Weltkrieg als Luftschutzbunker.

Mit einem Gerücht räumte Feger gestern auf. Es ginge überhaupt nicht drum, das Plateau in Gänze anzusenken. "Der Punkt ist, dass die Stadt über die Jahre immer wieder neuen Splitt verteilt hat, weil sich im Winter ja hier oben regelmäßig richtige Seen bilden", so die Projektleiterin. Auf diese Art und Weise sei das Plateau tatsächlich immer weiter in die Höhe gewachsen. "Wir haben vor, das Plateau im Zuge der Arbeiten wieder einzunivellieren und ein Gefälle nach hinten hin zu schaffen, damit das Regenwasser in Zukunft abfließen kann."

Nach Ansicht der Fachleute sollen später lediglich zwölf weitere Bäume neu gepflanzt werden. "Die waren hier sowieso viel zu eng gesetzt worden", so Cremer. Eventuell werden Linden gepflanzt, so wie es sie einst schon einmal an dieser Stelle gab, doch die Entscheidung darüber wird der Landschaftsbeirat treffen. "Die Kastanie ist wegen der Miniermotte eine Art, die immer weiter aus den Städten verschwinden wird", meint Cremer. Insgesamt sind indes 36 neue Bäume als Ersatzpflanzungen vorgesehen, weil die Ökobilanz der gefällten Bäume ja viel höher liegt.

Die weiße Folie dient übrigens seit 2012 als Sicherungsmaßnahme zum Schutz vor herabfallenden Steinen und Fugmaterials und stellen keine Stabilisierung des Mauerwerks dar. Die Sanierung des Mauerwerks erfolgt nach Abschluss der Stabilisierungsarbeiten.

Der Alte Zoll

Der Alte Zoll diente den Kurfürsten schon im Mittelalter zur Erhebung der Rheinzölle. Seinen zweiten Namen "Drei-Königs-Bastion" bekam er, als er während des 30-jährigen Kriegs 1644 unter Kurfürst Ferdinand Teil der Stadtbefestigung wurde. Die dazu benötigten Ziegel und Basaltquader ließ er per Schiff aus den Steinbrüchen an der Erpeler Ley und bei Unkel kommen.

Zuvor stand dort das Zollhaus, ein prächtiger Renaissancebau, der unter Kurfürst Salentin von Isenburg nach 1567 errichtet worden ist, um den Rheinzoll zu erheben.

Der Alte Zoll liegt am Brassertufer unterhalb des Hofgartens und des Ostflügels des Kurfürstlichen Schlosses, dem heutigen Uni-Hauptgebäude und ist ein bis auf 15 Meter aufragender Eckbastionsbau auf einer Grundfläche von etwa 1000 Quadratmetern. Im Innern er von einem vier Meter breiten und ebenso hohen Gewölbegang in Nord-Süd-Richtung durchzogen. Die aus jüngster Zeit stammenden Einbauten dienten im Zweiten Weltkrieg als Luftschutzbunker. Er steht unter Denkmalschutz und gehört der Uni.

Unter den Kastanien steht das 1865 errichtete Denkmal des Historikers Ernst Moritz Arndt (1769-1860). Er war 1818 einer der ersten Professoren der Universität Bonn.

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