Wucherpreise für Konzertkarten Das sind die Tricks der Ticket-Schwarzhändler

Bonn · Bonner Veranstalter warnen vor unseriösen Schwarzhändlern auf Kartenbörsen. Für den Eintritt zum Robbie-Wiliams-Konzert im Mai werden dort bereits Preise von mehr als 800 Euro verlangt.

Robbie Williams im Dezember 2019 bei einer Benefizgala in Berlin. Am 18. Mai singt er in Bonn auf der Hofgartenwiese.

Robbie Williams im Dezember 2019 bei einer Benefizgala in Berlin. Am 18. Mai singt er in Bonn auf der Hofgartenwiese.

Foto: dpa/Jens Meyer

Der Vorverkauf dauerte nur wenige Minuten. 25.000 Tickets für das Konzert von Robbie Williams auf der Hofgartenwiese waren innerhalb kürzester Zeit vergriffen, sehr zum Leidwesen vieler Fans, die nur zu gerne die 64 Euro gezahlt hätten, um den britischen Superstar live zu erleben. Und dann kamen sie, die Angebote für Restkarten auf Plattformen wie Viagogo oder Ticketbande. Die letzten Karten, die allerletzten, natürlich zu astronomischen Preisen. Aber besser als nichts. Oder? „Vor solchen Angeboten kann ich nur ausdrücklich warnen“, sagt Veranstalter Ernst-Ludwig Hartz. „Denn seriös sind die nie. Es kann noch nicht einmal garantiert werden, dass die Tickets echt sind – das lässt sich erst feststellen, wenn sie vor Ort gescannt werden.“

Wucherpreise, Fälschungen, Irreführung: Die Liste der Vorwürfe gegen Viagogo und andere Zweitmarktplattformen ist lang. Auch das Junge Theater in Beuel war vor kurzem betroffen. Dabei ist das System an sich nicht illegal. Offiziell dienen die genannten Webseiten als eine Art Marktplatz für Privatleute, die ihre Karten für Konzerte, Theater, Kabarett oder Sport-Veranstaltungen nicht nutzen können oder wollen. „Millionen von Kunden nutzen Viagogo jedes Jahr und kehren wieder zurück, um Tickets zu kaufen und verkaufen“, wirbt der Marktführer. Doch nach ZDF-Recherchen sieht es hinter den Kulissen der Ticketbörsen anders aus. Demnach kaufen bestimmte Händler in großem Stil den Markt an regulären Karten leer, um für eine Verknappung des Angebots zu sorgen. So können sie die Preise hochtreiben.

Derzeit kosten Tickets für das ausverkaufte Robbie-Williams-Konzert am 18. Mai zwischen 222 und 831 Euro, dazu kommen eine Buchungsgebühr von 15 Prozent (zuzüglich Steuern) sowie zusätzliche Kosten für die Abwicklung. „Seltsamerweise gibt es immer wieder Leute, die diese Preise zahlen“, so KunstRasen-Betreiber Hartz. „Natürlich muss das jeder selbst wissen.“ Problematisch werde es, wenn ein Konzert abgesagt wird – denn ein Kunde habe nur Anspruch auf Erstattung des offiziellen Preises, der auch auf den Tickets ausgewiesen ist. „Als wir im vergangenen Sommer das Konzert von Sting absagen mussten, kam zum Beispiel ein Pärchen auf mich zu, dass mehr als 1000 Euro gezahlt hatte. Die Tickets waren aber nur 160 Euro wert.“ Ein finanzielles Desaster für die beiden Fans des britischen Sängers, zumal Viagogo selbst nie als Verkäufer auftritt und für Tickets ohnehin kein Widerrufsrecht besteht. „Mich macht so etwas immer wieder wütend“, ärgert sich Hartz. „Wer so etwas einmal erlebt hat, geht danach vielleicht nie wieder auf ein Konzert.“

Personalisierte Tickets

Dabei gibt es Lösungen, um Schwarzmarkthändlern das Geschäft zu erschweren. Künstler wie Ed Sheeran oder Rammstein setzen längst auf personalisierte Tickets, die nicht ohne weiteres an Dritte übertragen werden können und die auch bei Zweitmarktplattformen für Probleme sorgen könnten. Denn nach einem Urteil des Landgerichts Hannover ist schon das Bereitstellen von Verkaufsangeboten solcher Tickets zu einem Preis von mehr als 25 Prozent über dem Normalpreis wettbewerbswidrig – ein Urteil, dass Viagogo auf GA-Anfrage kritisiert. „Nur aus Wettbewerbsgründen versuchen die Eventveranstalter, den Wiederverkauf von Eintrittskarten durch Preisobergrenzen einzuschränken“, erklärt ein Unternehmenssprecher. „Wir halten diese Praxis für höchst wettbewerbswidrig und nicht durchsetzbar.“

Ohnehin greift das Urteil nur bei Tickets, die eindeutig einem Käufer zugeordnet werden können – und sie bergen ihre eigenen Probleme. „Personalisierte Karten sind relativ aufwendig zu verwalten und zu kontrollieren“, so Hartz. „Deshalb haben wir uns bei unseren Konzerten dagegen entschieden.“ Andere Veranstalter fahren damit hingegen gut. „Wir haben schon vor elf oder zwölf Jahren damit angefangen“, erklärt Pantheon-Sprecher Harald Kirsch. „Unsere Stammkundschaft hat sich daran gewöhnt, etwa 80 Prozent unserer Tickets sind personalisiert. Aber wir müssen auch nicht Tausende überprüfen.“ Nur selten würden Gäste kommen, die über Viagogo Karten bestellt und keine erhalten hätten – nach Aussage des Unternehmens selbst erhalten Verkäufer ohnehin erst ihr Geld, „wenn die Käufer erfolgreich Zugang zur Veranstaltung erhalten haben“. „Viel schlimmer finde ich, dass diese Anbieter schreiben, dass eine Veranstaltung so gut wie ausverkauft sei, obwohl das überhaupt nicht stimmt“, so Kirsch. „Diese künstliche Verknappung macht vor allem kleinen Künstlern zu schaffen, die auf jeden Gast angewiesen sind.“ Ärgerlicherweise tauchten ausgerechnet diese Kartenbörsen bei Google immer oben in den Suchergebnissen auf, so dass viele Leute den Eindruck erhielten, sie kämen an reguläre Karten gar nicht mehr heran. Für die prominente Platzierung kassiert Google extra.

Der Besuch von etablierten Vorverkaufsstellen wie Bonnticket oder Eventim ist daher nach Ansicht der Verbraucherzentralen immer noch die beste, sicherste und meistens auch günstigste Möglichkeit, um an Konzerttickets zu gelangen.

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