Klimahaus in Bonn Schwarze Glasfassade erzeugt Strom

GRAURHEINDORF · "Warum ist das Haus so schwarz?" Diese Frage hört der Meteorologe Joachim Klaßen häufig. Es hat mit etwas Speziellem in der Fassade zu tun. Denn wer bei dem Neubau am Rhein genau hinschaut, entdeckt auf der südwestlichen Seite einzelne Platten, die ein wenig an Cerankochfelder erinnern.

Dabei handelt es sich um besondere Solarzellen. Seit einem Jahr arbeiten die Mitarbeiter von "WetterOnline" in einem ganz besonderen Klimahaus. Firmeninhaber Klaßen erinnert sich an die Diskussionen mit Architekt Wilfried Pilhatsch über die Fassadengestaltung. Zum Beispiel mit Alu: "Das muss doch heiß werden. Ich dachte, diese Energie kann man nutzen", sagt der 51-Jährige.

Allerdings konnte er sich herkömmliche Solarmodule, wie er sie schließlich von der benachbarten Firma Solarworld fürs Dach gekauft hatte, für die Außenwände nicht vorstellen. Die architektonisch anspruchsvolle Glasfassade mit sogenannten Dünnschichtsolarmodulen fand Klaßen am Ende bei einer Firma in Nordbayern. "Das ist in Bonn was Neues."

Mit "WetterOnline" begann Joachim Klaßen ganz allein 1996 an der Herpenstraße, 1998 zog er an die Estermannstraße und ein Jahr später an die Ecke Kaiser-Karl-Ring/Graurheindorfer Straße. 2007 ging es in die Pandionsiedlung Am Rheindorfer Ufer. Von dort aus blickte der Unternehmer, als es um die nächste Vergrößerung ging, regelmäßig auf den heutigen Firmensitz - und zwar "immer, wenn ich nicht auf den Bildschirm oder zum Himmel geguckt habe", sagt Klaßen.

Das Grundstück im Eigentum der Stadtwerke Bonn lag da noch brach. Es gab eine Ausschreibung, bei der er sich für das Areal bewarb und es letztlich auch kaufte. Von Pilhatsch stammt auch das weiße Nachbargebäude, in dem Eigentumswohnungen untergebracht sind.

Die Solarzellen am Haus erzeugen im Durchschnitt 15 Prozent des gesamten Stromverbrauchs von "WetterOnline". Im Sommer würden die Panels vielleicht komplett reichen, vermutet Systemadministrator Andy Lindlahr, der Experte für die Haussteuerung.

"Wir wollen am Stromverbrauch arbeiten." Man könne zum Beispiel sparen, indem die einzelnen Computer in den Büros zentralisiert werden. Es gäbe dann nur noch Arbeitsstationen mit Bildschirm, die alle an einem Server angeschlossen werden.

Auch wenn bei all der Arbeit nicht viel Zeit zum Genießen bleibt, finden es die Mitarbeiter gut, dass sie im Glashaus mit Blick auf den Rhein sitzen. Im Sommer sei es wegen der Hitze wichtig, die Jalousien außen runterzulassen - die übrigens automatisch auf die Sonnenstrahlung und auch auf Wind reagieren.

In die Böden und Decken sind Matten eingelassen, durch die Wasser fließen kann (Betonkernaktivierung). Im Sommer ist das 15 Grad kühles Grundwasser. Im Winter wird dies durch eine mit Strom betriebenen Wärmepumpe geleitet, um die Räume zu heizen. Es findet also vor Ort keine Verbrennung wie bei einer Gas- oder Ölheizung statt. Zwischen August und Oktober, aber vermutlich jetzt auch im Frühling, werde die Wärmepumpe komplett ausgeschaltet, so Klaßen.

Da reichen die Sonnenstrahlen aus, um die verglasten Büros aufzuheizen. Die Rechner und Monitore tun ihr Übriges, weiß Firmensprecher Matthias Habel.

Das Klimahaus besteht aus einem Sockel- und Erdgeschoss. Darüber liegen zwei weitere Etagen und ein Staffelgeschoss. Noch eine Besonderheit ist der Hochwasserschutz: Unten im Pausenraum befinden sich nach Habels Angaben hochwasserdichte Türen und Fenster. Die Tiefgarage nebenan soll aber volllaufen, "damit das Haus nicht aufschwimmt".

So ist an fast alles gedacht: Selbst als am 18. Juli vergangenen Jahres für längere Zeit der Strom ausfiel, tat ein Notstromaggregat seinen Dienst. Der Wetterbericht im Internet musste nicht ausfallen.

Der Wetterdienst der Firma findet sich auf www.wetteronline.de. Es gibt ihn auch als App für Smartphones

Das Klimahaus

Das schwarze Klimahaus von "WetterOnline" bildet mit seinem weißen Zwilling direkt nebenan ein Ensemble mit Blick auf den Rhein. Die Gebäude stehen am Graurheindorfer Dorfplatz an der Schleife der Karl-Legien-Straße. Das Grundstück des Bürobaus ist 1000 Quadratmeter groß. Auf 800 Quadratmeter arbeiten derzeit 62 Festangestellte plus eine Handvoll Freiberufler.

Firmeninhaber Joachim Klaßen hat rund 3,5 Millionen Euro in den Standort investiert und sich mit 170.000 Euro an der Gestaltung des Dorfplatzes beteiligt.Alleinstellungsmerkmal ist die in die Fassade eingearbeitete Solarinstallation, die allein rund 150.000 Euro gekostet hat. Etwa 200 Panels sind auf der südwestlichen Seite verbaut, dazu noch einmal herkömmliche Zellen auf dem Dach. Eine Betonkernaktivierung mit angeschlossener Wärmepumpe sorgt sowohl im Winter als auch Sommer - in Verbindung mit Außenjalousien - für die richtige Temperatur in den Räumen.

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