Während der Corona-Krise Schwangere können sich in Bonn digital beraten lassen

Bonn · Fällt eine Schwangerschaft gerade in die Zeit der Corona-Pandemie, verläuft sie möglicherweise nicht so unbeschwert wie in gewöhnlichen Zeiten. Organisationen nutzen jetzt Video-Chats und sehen auch Vorteile dabei.

 Stéphanie Berrut, Leiterin der „pro familia“-Beratungsstelle Bonn, führt Schwangerschaftsberatungen per Video-Chat durch. Foto: Flick

Stéphanie Berrut, Leiterin der „pro familia“-Beratungsstelle Bonn, führt Schwangerschaftsberatungen per Video-Chat durch. Foto: Flick

Foto: Sebastian Flick

Wenn sich Nachwuchs ankündigt, geht für viele Familien meist ein großer Wunsch in Erfüllung. Besonders die erste Schwangerschaft ist eine aufregende Zeit. Fällt sie jedoch gerade in die Zeit der Corona-Pandemie, verläuft sie möglicherweise nicht so unbeschwert wie in gewöhnlichen Zeiten. Geburtsvorbereitungskurse fallen aus, Arztbesuche sind wesentlich aufwändiger und anstrengender, und Einkäufe für das Baby können sich als weitere Herausforderung gestalten.

Für manche werdenden Eltern kommen unerwartete finanzielle Probleme hinzu, da womöglich die geringfügige Beschäftigung weggefallen ist und man momentan ohne Einkommen dasteht. „Existenzielle Not zählt derzeit zu den häufigsten Anliegen in unseren Beratungen“, sagt Marion Hoffmeister-Ecke, Leiterin der „esperanza“ Schwangerschaftsberatungsstelle Bonn der Caritas. Seit Mitte März hat sie, wie die übrigen vier Bonner Beratungsstellen auch, ihre Klienten überwiegend nur telefonisch beraten können. Insbesondere bei der Erstberatung, wenn man sich noch nicht so gut kennt, fehlt den Beraterinnen die Möglichkeit, eine Nähe zur Schwangeren aufzubauen.

Telefonberatungen haben auch Vorteile

Alles läuft wesentlich distanzierter ab, als im persönlichen Gespräch. Telefonberatungen haben aber auch Vorteile: „Wir haben feststellen können, dass in der Schwangerschaftskonfliktberatung am Telefon oftmals eine sehr eigene Atmosphäre entsteht, die eine vertrauensvolle Beratung ermöglicht“, berichtet Stéphanie Berrut, Leiterin der Beratungsstelle „pro familia“.

„Pro Familia“ bietet in diesen schwierigen Zeiten auch Schwangerschaftsberatungen per Videochat an. Voraussetzung ist, dass die Klienten eine Einwilligungserklärung abgegeben haben. „Natürlich fallen wesentliche Signale der zwischenmenschlichen Kommunikation weg. Jedoch entstehen auch neue Räume der Kommunikation, zum Beispiel geschützte Atmosphären durch das Sitzen in den eigenen vier Wänden, die das Sprechen über intime Inhalte sogar erleichtern können“, berichtet Berrut.

In Ausnahmefällen haben die Bonner Beratungsstellen auch persönliche Gespräche angeboten, beispielsweise wenn es gilt, Sprachbarrieren zu überwinden. Nach den jüngsten Lockerungen der Kontaktverbote können sie inzwischen auch sämtliche Auflagen für persönliche Gespräche mit den werdenden Eltern erfüllen: Mit neuen Hygienevorkehrungen sind jetzt auch wieder vermehrt Vor-Ort-Beratungen möglich – dabei werden Berater und Klient durch eine Plexiglas-Scheibe getrennt. Da Beratungsräume jedoch nur begrenzt zur Verfügung stehen, finden viele Beratungen nach wie vor telefonisch statt, oft auch auf Wunsch der Schwangeren, die lieber zuhause bleiben.

Auch wenn es keine Hinweise darauf gibt, dass Schwangere stärker gefährdet sind, sich mit dem Coronavirus anzustecken, erleben Betroffene die Schwangerschaft in dieser ungewissen Zeit nicht ganz sorgenfrei: „Die Unbekanntheit des Virus erhöht die Angst und Unsicherheit hinsichtlich möglicher Risiken für das Baby und die Frau selbst“, berichtet Christine Schmidt, Leiterin der Beratungsstelle „donum vitae“.

Insbesondere Schwangere, die aus gesundheitlichen Gründen zu einer Risikogruppe gehören, können ihre Schwangerschaft weniger angstfrei erleben. „Es hängt jedoch auch von den persönlichen Einstellungen und bisherigen Lebenserfahrungen ab, wie mit dem Risiko umgegangen wird“, sagt Schmidt. Eine Frage, die derzeit viele werdende Mütter beschäftigt, sei, ob der Partner bei der Geburt dabei sein darf.

Insbesondere in der Anfangszeit der Corona-Pandemie gab es hier sehr strenge Regeln in den Entbindungskliniken, die inzwischen etwas gelockert wurden. „In der Regel kommt der Partner zur Geburt – dann muss er recht zügig nach Hause fahren und darf Frau und Kind bis zur Entlassung nicht mehr besuchen“, erklärt Schmidt.

Nach den jüngsten Lockerungen der Kontaktsperren sind in Bonn in naher Zukunft auch wieder Geburtsvorbereitungskurse möglich – unter den aktuellen Hygienebedingungen und mit notwendigen Abstandsregeln: „Ab Mitte Juni wird es wieder Kurse mit einer kleinen Teilnehmerzahl geben können“, sagt Hoffmeister-Ecke. Einen möglichen Anstieg der Schwangerschaften aufgrund der geringen Freizeit- und Ausgehmöglichkeiten der vergangenen Monate können die Bonner Beratungsstellen derzeit übrigens noch nicht feststellen.

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