Statt Hausaufgaben Schulprojekt verhilft Kindern in Tannenbusch zu Selbstbewusstsein

Tannenbusch · Ein Projekt an der Elsa-Brändström-Schule verhilft Kindern durch Sprachübungen zu mehr Selbstbewusstsein. Außerdem gibt es keine Hausaufgaben.

Kommando „Opazähne“. „Spannt eure Lippen über die Zähne“, fordert Aenne Busmann Aya, Yannick, Nada und Emrullah auf. Wenige Sekunden später sehen die Sechsjährigen wirklich aus, als hätten sie ihr Gebiss heute Morgen im Wasserglas vergessen. Busmann gibt den Takt vor und immer schneller zählen die „Zahnlosen“ von sieben zurück bis eins, berühren abwechselnd ihren Kopf, ihre Schultern, Bauch, Po und Knie. Was wie eine witzige Freizeitbeschäftigung aussieht hat allerdings einen ernsten Hintergrund. „Diese Übung ist ein Teil unserer Stimmbildung, die wir im Rahmen unserer Lernzeit anbieten“, erklärt Barbara Bößmann, Leiterin der Elsa-Brändström-Schule im Tannenbusch.

„Uns ist aufgefallen, dass viele Kinder sehr leise, ängstlich und undeutlich sprechen, was im Unterricht zu Problemen bei der Verständlichkeit geführt hat“, ergänzt die Rektorin. Mit Aenne Busmann, die bereits ein Theaterprojekt an der Evangelischen Grundschule an der Hohe Straße geleitet hatte, fand sie eine ausgebildete Stimmbildnerin für dieses Projekt. „Wir lernen, wie man seine Stimme über eine gewisse Distanz einsetzen kann und wie man beispielsweise über den Klang Gefühle vermittelt“, so Busmann. Dadurch würden die Fantasie angeregt, die Wahrnehmung aktiviert, Atem, Stimme und Bewegung koordiniert sowie das gesamte Bewegungssystem gelockert und gelöst. „Das wirkt sich wiederum auf das Selbstbewusstsein und die Selbstwahrnehmung der Kinder aus und hat positive Auswirkungen auf den Lernerfolg“, erklärt die Schulleiterin.

Neue Wege an Elsa-Brändström-Schule

Nicht nur die Pädagogen sind von diesem ganz besonderen Unterricht begeistert, sondern auch die Schüler in den zwei Kursen. „Wir lernen Zungenbrecher, das macht Spaß,“ ist Tahir begeistert bei der Sache. Klassenkameradin Nada ergänzt: „Nach der Lernzeit trauen wir uns mehr, Sachen zu sagen und können deutlich sprechen. Wir müssen nicht mehr schüchtern sein.“ Die Stiftung Jugendhilfe der Sparkasse Köln/Bonn fördert dieses Projekt. „Und wir hoffen, dass es im kommenden Schuljahr weiter durchgeführt werden kann“, wünscht sich Bößmann für die Kinder.

Neue Wege geht man an der „Elsa“ auch mit der Initiative „Lernzeit“. Damit werden die Hausaufgaben ersetzt und alle Kinder nehmen nach dem Unterricht daran teil. Gemeinsam vertiefen oder wiederholen sie mit Lehrern den Lernstoff in Sprache, Naturwissenschaft, Mathematik, Kunst und Kultur oder Bewegung. Denn mit Hausaufgaben, so die Rektorin, würde man keine ausreichende individuelle Förderung erreichen. Schließlich finde Bildung nicht nur kognitiv durch klassischen Unterrichten statt, sondern in vielen lebenspraktischen Lernanlässen. „Hausaufgaben, die ins Elternhaus verlagert werden, vergrößern zudem die Chancenungleichheit. Da viele Eltern aus unterschiedlichen Gründen ihren Kindern nicht helfen können, seien die Schüler auf sich alleine gestellt. „Damit haben sie einen deutlichen Nachteil gegenüber anderen, die beispielsweise in der OGS entsprechende Hilfestellung durch die pädagogischen Fachkräfte bekommen“, erklärt sie. Durch die Lernzeit und den Umgang mit attraktiven Lernmitteln würde ein ganzheitlicher Zugang zu Wissen und Bildung angeboten.

„Dennoch“, betont Barbara Bößmann. „Auch unsere Schüler müssen lernen. Wer sein Pensum nicht geschafft hat, der muss zu Hause weitermachen.“

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