Unterricht nach Corona-Lockdown So lief der Neustart an den Grundschulen in Bonn

Bonn · Grundschulkinder und Lehrer in Bonn erleben ihren ersten gemeinsamen Schultag nach acht Wochen Pause. Eltern kritisieren derweil das NRW-Ministerium.

  Hereinspaziert: Konrektor Alexander Katzer achtet darauf, dass die Kinder der Karlschule nur einzeln eintreten.

Hereinspaziert: Konrektor Alexander Katzer achtet darauf, dass die Kinder der Karlschule nur einzeln eintreten.

Foto: Benjamin Westhoff

Tobias Hillebrand sieht mit seinem Visier vor dem Gesicht ziemlich cool aus. Mit seinem Stellvertreter Alexander Katzer (er trägt Maske) steht der Leiter der Karlschule am frühen Montagmorgen am Haupteingang der Grundschule. Es ist der erste Tag, an dem alle Grundschüler wieder gleichzeitig zur Schule gehen dürfen.

Zwei Jungen aus der dritten Klasse stehen etwas abseits. Sie müssen noch auf den Einlass ihres Jahrgangs warten. Die Kinder sollen nicht alle auf einmal durch das Treppenhaus gehen. Auf die Frage, worauf sie sich denn am meisten freuten, antwortet einer der beiden: „Auf die Ferien“. Da müssen Hillebrand und Katzer herzhaft lachen.

Mit ihnen wachen auf dem Schulhof zwei Kolleginnen darüber, dass die Corona-Regeln eingehalten werden. Alle Kinder tragen Mund- und Nasenschutz – auch die drei Mütter, die ihre Kinder gegen acht Uhr am Schulhof abliefern. „Ich bin froh, dass mein Sohn endlich wieder jeden Tag zur Schule gehen darf“, sagt eine von ihnen. Eine andere Mutter nickt heftig. „Mein Mann und ich arbeiten, das war jetzt schon sehr mühsam. Sie können ein Grundschulkind ja noch nicht alleine zu Hause lassen.“

Kinder dürfen Masken während des Unterrichts abnehmen

Vor der Klasse 2b von Julia Herget im zweiten Stock der Karlschule an der Dorotheenstraße stehen die Kinder Schlange. Bevor sie sich auf ihren Platz setzen, ist Händewaschen angesagt. Laura (8) steht am Waschbecken, das gleich neben der Eingangstür hängt, und beeilt sich. „Ja, bin ich“, nuschelt sie durch den Mundschutz, als sie gefragt wird, ob sie aufgeregt ist. Schließlich sieht sie ihre Freundinnen seit Wochen erstmals alle auf einmal wieder. Klassenlehrerin Herget hat die Heftordner, auf dem die Namen der Kinder stehen, zur besseren Orientierung auf die Tische gestellt. So findet jedes Kind schnell seinen Platz. Die Masken dürfen die Kinder während des Unterrichts abnehmen. Lehrerin Herget auch, sie zieht sie lediglich wieder auf, wenn sie einem Kind nahe kommen muss, um ihm etwas zu erklären.

Unterricht an den Bonner Grundschulen wieder gestartet
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Laura hat sich inzwischen neben Minette gesetzt. Der Junge strahlt. Auch er freut sich sichtlich, wieder mit allen Klassenkameraden zusammen sein zu können. „Ja“, sagt er, „das war manchmal schon langweilig zu Hause“. Klar, es gab täglich Hausaufgaben. „Die habe ich nicht immer gemacht“, gibt er freimütig zu. Aber die für diesen Tag, die hat er dabei, sagt er und zieht stolz sein Heft aus seinem Ranzen.

Angelika Kolf leitet die Klasse 2a. Auch sie hat Hefte mit den Namen der Kinder auf die Tische ausgelegt, damit sich alle schnell setzen können und niemand herumläuft. Denn die Tische sind anders als früher nicht mehr in Gruppen angeordnet. Lehrerin Kolf hat sich wie die Kollegen für den eigentlich an Grundschulen kaum noch üblichen Frontalunterricht entschieden. „Das ist ein kleiner zusätzlicher Infektionsschutz“, hofft sie. „So sprechen die Kinder nur in eine Richtung.“

Hillebrand ist sichtlich stolz auf seine Schützlinge. 196 Kinder gehen derzeit bei ihm zur Schule, darunter viele Kinder mit Migrationshintergrund. „Der erste Schultag mit allen Kindern ist heute sehr diszipliniert abgelaufen“, freut er sich. Sein Lob gilt auch den Kollegen, die alles bis ins Detail vorbereitet haben. Sie hätten sich in den vergangenen Wochen sehr um die Kinder und Familien gekümmert. Einmal wöchentlich seien auf dem Schulhof die Hausaufgaben an die Eltern verteilt worden. Für bedürftige Familien gab es zudem täglich ein Lunchpaket, die die Küche des nahegelegenen Robert-Wetzlar-Berufskollegs hergerichtet hatte. Jetzt ist Hillebrand froh, dass wieder soetwas wie Normalität an der Schule einkehren darf.

OGS-Betreuung als Kritikpunkt

Ähnlich positiv über den „ersten Schultag“ ist die Resonanz auch an anderen Bonner Grundschulen, erfährt der GA in einer kleinen Rundfrage. Die Frage, wie die Lehrkräfte sich angesichts des neuen Schulalltags vor Ansteckung schützen, steht allerdings auf einem anderem Blatt. Nicht zufrieden sind die meisten mit dem Hickhack um die OGS-Betreuung. Hieß es zuerst, die Kinder sollen aus Infektionsschutzgründen bis zu den Ferien nur im Klassenverband betreut werden, um nur eine Bezugsgruppe zu haben, so erreichte die Schulen und OGS-Träger jetzt  ein Schreiben des Städtetags. Darin heißt es, dass laut Schulministerium die Kinder nun doch in einer zweiten Bezugsgruppe in der OGS betreut werden dürften.

Eine Schulleiterin, die nicht genannt werden möchte, unkte, „im Ministerium hat man wohl plötzlich bemerkt, dass eine Betreuung nur im Klassenverband personell auf Dauer kaum zu stemmen ist“. Eine GA-Anfrage nach dem Grund für diese recht kurzfristige Änderung konnte das Ministerium am Montag noch nicht beantworten. Stefan Dülberg ist Vorstandsvorsitzender der Jugendfarm Bonn. Der Verein ist OGS-Träger an 14 Schulen in Bonn und Sankt Augustin. Dülberg ärgert sich über das „Hin und Her“ in Düsseldorf. „Wir bleiben bis zum Ferienbeginn dabei, wie geplant die Kinder nur im Klassenverband zu betreuen“, sagt er. Er kritisiert, dass bisher noch nicht abschließend geklärt sei, wie viele Kinder in den Ferien in einer Gruppe betreut werden dürften.

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