Interview mit Navid Kermani Schriftsteller und Islamwissenschaftler liest am Freitag aus seinem Buch "Ausnahmezustand"

Bonn · Die Medien feiern Navid Kermani für sein neues Buch "Ausnahmezustand. Reisen in eine beunruhigte Welt". Mit diesem Reportageband tritt der 46-jährige Schriftsteller und Islamwissenschaftler am Freitag, 6. Dezember, ab 19.30 Uhr im Literarischen Salon der Parkbuchhandlung auf. Vorab beantwortet er Fragen des General-Anzeigers. Sie stellte Ebba Hagenberg-Miliu.

 Wurde vor zwei Jahren in Bonn mit dem Cicero-Rednerpreis des Verlags der Deutschen Wirtschaft ausgezeichnet: Der Schriftsteller und Orientalist Navid Kermani.

Wurde vor zwei Jahren in Bonn mit dem Cicero-Rednerpreis des Verlags der Deutschen Wirtschaft ausgezeichnet: Der Schriftsteller und Orientalist Navid Kermani.

Foto: dpa

Als "Reportagen, die einen nicht mehr loslassen", lobt das Deutschlandradio Kermanis Berichte aus dem Krisengürtel der Welt. Der habilitierte Orientalist, der gleichzeitig Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung ist, habe sie "intensiv, farbig, gefühlsbetont, subjektiv" geschrieben, so dass man das Buch nach der Lektüre beglückt aus der Hand lege, "weil man sowohl berührt als auch belehrt worden ist", so die Westdeutsche Allgemeine Zeitung.

Das Buch vereinigt Berichte, die Kermani über seine Touren von Kaschmir über Pakistan, Afghanistan und Iran bis in die Arabische Welt und bis an die Grenzen und Küsten Europas unternommen hat. Er hat dabei bewusst Regionen aufgesucht, in die die Fernsehübertragungswagen nicht gelangen, hat mit Menschen gesprochen, denen die Mikrofone der Journalisten ansonsten nicht hingehalten werden.

Ihr Buch, aus dem Sie lesen, enthält Reisereportagen in die Welt hinter Lampedusa. Wie sind Sie gereist?
Navid Kermani: Bis auf eine Reise, die ich mit der Nato unternommen habe, war ich allein oder mit einem Fotografen unterwegs.

Sie wagen in Ihren Reportagen den nicht journalistischen, den subjektiven Blick. Sie kommen selbst in Ihren Texten vor. Was können Sie dadurch leisten? Was vielleicht nicht?
Kermani: Was die Texte leisten und was nicht, müssen die Leser beurteilen. Die Welt wird grundsätzlich nur aus den Augen eines Einzelnen gesehen werden. Deshalb ist das Ich durchaus wichtig für die Reportage, obwohl das Ich des Reporters am unwichtigsten ist.

Das Buch heißt "Ausnahmezustand. Reisen in eine beunruhigte Welt". Aber auch wir hier in Westeuropa, in Deutschland sind ja hochgradig beunruhigt über diese Welt, die wir nicht verstehen?
Kermani: Mag sein, aber zunächst sind es ja die Afghanen, die Syrer, die Pakistanis selbst, die von den Kriegen betroffen sind. Mir geht es darum, eine Innenperspektive anschaulich zu machen.

Sie werden es dem Bonner Publikum nicht leicht machen. Sie werden heikle Themen aufwerfen. Ist die Welt vielschichtiger, als wir sie haben wollen? Wir lieben doch Vereinfachungen...
Kermani: Ich habe den Eindruck, dass viele Menschen genauso in Widersprüchen denken wie ich und dankbar sind, nicht mit einfachen, zu einfachen Lösungen und Losungen abgespeist zu werden.

Wie reagiert das Publikum bei Ihren Lesungen an solchen Punkten?
Kermani: Das ist für mich sehr schwer zu beurteilen. Ich nehme nur wahr - und bin dann jedes Mal sehr, sehr dankbar -, dass die Zuhörer sehr konzentriert sind und auch sehr kluge Fragen stellen.

Zur Person

Navid Kermani wurde als 1967 als Sohn iranischer Eltern in Siegen geboren. Er studierte Orientalistik, Philosophie und Theaterwissenschaften in Köln, Kairo und Bonn. Es folgten die Promotion und Habilitation. Kermani arbeitete unter anderem als Dramaturg, Regisseur, Leiter eines Sprach- und Kulturzentrums und Buchautor. Er gibt Poetikvorlesungen und geht 2014 als Professor für deutsche Literatur in die USA. Für sein akademisches und literarisches Werk wurde Kermani vielfach ausgezeichnet. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder, besitzt einen deutschen und einen iranischen Pass und lebt als freier Schriftsteller in Köln.

Karten für die von Hans-Georg Soeffner moderierte Veranstaltung in der Parkbuchhandlung, Koblenzer Straße 57 in Bad Godesberg, gibt es für zwölf/sechs Euro unter Telefonnummer 0228/35 21 91, Reservierung auch per Mail an info@parkbuchhandlung.de.

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