Kanzelrede in der Kreuzkirche Schauspieldirektorin Nicola Bramkamp bricht Lanze für Bonner Bühnen

BONN · Sie hat ihre Chance am Sonntagabend auf der Kanzel der Kreuzkirche genutzt, Bonns neue Schauspieldirektorin Nicola Bramkamp. Sie hat bei den Bonnern eine Predigt lang nicht nur für den sinnstiftenden Müßiggang und die Früchte der Entschleunigung geworben, sondern damit gleich auch geschickt eine Lanze für die lokale Kultur gebrochen.

 Werbung für die Kulturangebote der Stadt: Nicola Bramkamp bei ihrer Predigt in der Kreuzkirche.

Werbung für die Kulturangebote der Stadt: Nicola Bramkamp bei ihrer Predigt in der Kreuzkirche.

Foto: Barbara Frommann

Ob in den Kirchenbänken die Kritiker mithörten, die sich aktuell mit einem Bürgerbegehren auf die Bonner Oper eingeschossen haben? Nicola Bramkamp sprach sie in der evangelischen Stadtkirche zwar an keiner Stelle direkt an. Aber sie ließ keinen Zweifel daran, dass Kunst für den Menschen von unbezahlbarem Wert sei.

"Kunst und also auch Theater sind nichts anderes als ein Medium der Freiheit", betonte die Schauspieldirektorin. Im Theater werde mit großem Einsatz jenseits aller rationalen Zeitökonomie etwas hergestellt, was keinen fixierbaren Nutzen oder Wert produziere. "Und das meine ich positiv", kam deutlich von der Kanzel.

Theater sei vergänglich. Es sei ein Produkt, das keiner mit nach Hause nehmen könne. Es lasse sich nicht gut im Fernsehen zeigen, kaum auf DVD bannen, und es gebe kein Geschenkpapier, in das es einzuwickeln wäre. "Theater kostet Geld, aber man kann es nicht kaufen. Theater sagt selbstbewusst: Hier gibt es nichts als den Moment. Alles, was Du mitnimmst, ist bereits Erinnerung und ein Gefühl."

Und das sei wertvoll und könne eben nicht mit Geld aufgewogen werden. Bramkamp schrieb die Notwendigkeit fest, dass der Mensch überall Orte vorfinden müsse, an denen er auch einmal müßiggehen dürfe, sei es nun in Kirchen oder in kulturellen Begegnungsstätten. "Orte der Ruhe, der Besinnung. Orte, an denen Platz ist für all diejenigen, die nicht funktionieren können oder wollen", forderte Bramkamp, basierend auf einer Bibelstelle von Salomo: "Man mühe sich ab, wie man will, man hat keinen Gewinn davon."

Besuche der Bühnen der Stadt Bonn versprächen also auf keinen Fall "effiziente Konsumerlebnisse", meinte Bramkamp provozierend. Die Bonner Kultur könne demjenigen, der sie wertschätze und nutze, geradezu die spannende Möglichkeit eines offenen Ausgangs schenken. Und Bramkamp scheute sich auch nicht, hier in der Kreuzkirche direkt für den Fortbestand der Bühnen zu werben, indem eben die Bonner schon mal mit den Füßen abstimmen sollten: "Ein jegliches hat seine Zeit. Kommen Sie ins Theater. Verschwenden Sie ihre Zeit!"

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