WCCB-Skandal Schaden beläuft sich laut Anklage auf 30 Millionen Euro

BONN · Nach der dritten und letzten Anklage in Sachen World Conference Center Bonn (WCCB) gegen Friedhelm Naujoks und Co. steht für Bonns Grüne und die CDU fest: "Die Aussage von Ex-OB Bärbel Dieckmann (SPD), wonach die Stadt eben einfach auf Betrüger hereingefallen sei, ist angesichts der Recherche-Ergebnisse der Staatsanwaltschaft allenfalls eine billige Ausrede gewesen."

Tatsächlich sind drei der vier nun angeklagten Personen Mitarbeiter des Städtischen Gebäudemanagements (SGB), und die Anklage listet nicht weniger als 29 Tathandlungen zwischen Untreue und Betrug im besonders schweren Fall auf (s. Millionenfalle 84).

Der Schaden allein dieser Taten beträgt laut Anklage 30 Millionen Euro. Der tatsächliche Schaden aber für die Stadt, den die WCCB-Akteure hinterlassen haben, liegt im dreistelligen Millionenbereich, auch wenn er sich heute nur in Konturen abzeichnet. Das ist das krasse Gegenteil dessen, was die Verwaltungsspitze 2005 anpeilte: Ein WCCB, das den Bürger nichts kostet.

Für Großprojekte, die mit erheblichen öffentlichen Mitteln aus der Taufe gehoben werden, gelten strenge Genehmigungsstandards, selbst wenn sie in einer privaten Hülle umgesetzt werden wie in der von "Investor" Man-Ki Kim. Während Richter seit September 2011 der Frage nachgehen, wie und warum Kim Investor wurde, beleuchtet die jüngste Anklage unter anderem die städtische Rolle bei der Antragsprozedur für 35,79 Millionen Landesmittel.

Hätte SGB-Chef Naujoks (SPD) dem Land gegenüber die finanzielle Wirklichkeit testiert, "wäre das WCCB-Projekt bereits in den Kinderschuhen gescheitert", sagt Oberstaatsanwalt Fred Apostel.

Da Naujoks aber laut Anklage mit "abgestimmten" und "angepassten"“ Zahlen das Testat fertigte, wird er nun wegen besonders schweren Betruges angeklagt. Wie weitere Personen, die beim Abstimmen und Anpassen halfen. Tatsächlich hatten die Baukosten sich zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits um Millionen erhöht. Und es "war auch hinlänglich bekannt, dass das Eigenkapital des Investors (...) durch die Sparkasse vorfinanziert werden sollte", so die Rechnungsprüfer im April 2010. Mit anderen Worten: Die Stadt hat die Weichen für die Katastrophe weitgehend selbst gestellt. Und in der Bau- und Controllingphase wurde das WCCB, so Apostel, zum "Selbstbedienungsladen". Hinweise auf Bestechlichkeit fand er indes nicht.

Auch andere Parteien reagierten umgehend auf die Anklage. FDP-Vorsitzender Werner Hümmrich hofft, dass das Gerichtsverfahren "mehr Licht ins Dunkle bringt und die Verantwortung für das Desaster offenlegt". Für Michael Faber von der Linken stellt sich die Frage, "ob nicht die verselbstständigte Struktur des SGB diese Entwicklung begünstigt hat".

Auch der Bürger Bund Bonn (BBB) begrüßt, "dass die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abgeschlossen sind", und stellt das SPD-Parteibuch von Naujoks in den Fokus: "Niemand außer den Genossen, die weiter ihre schützende Hand über Herrn Naujoks halten, könnte verstehen, wenn die vom Rechnungsprüfungsamt aufgedeckten Schlampereien beim Controlling der Baukosten und beim Abruf der Landeszuschüsse ungesühnt blieben.

Für die Stadt bleibt noch ein dickes Problem offen: OB Jürgen Nimptsch (SPD) wird in seiner Verwaltung mit Sicherheit keinen finden, der in dem Verwendungsnachweis bestätigt, dass die Zuschüsse des Landes zweckentsprechend eingesetzt worden sind." Dann drohe im schlimmsten Fall "die Rückzahlung". Die SPD gab am Mittwoch auf GA-Anfrage keine Stellungnahme ab.

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