Hochwasser in Bonn Rhein könnte ab 2020 im Winter mehr Wasser führen

Bonn · Der Pegel fällt wieder. Am Freitagmorgen floss der Rhein am Messpunkt Alter Zoll noch mit einer Welle von 6,37 Metern vorbei - der höchste Stand seit der Scheitelwelle vom 4. Juli 2013 mit 7,24 Metern.

Weiterhin schwimmen die Pontons der Fahrgastschiffe auffällig hoch im Strom. Eine akute Hochwassergefahr für bewohnte Gebiete besteht laut Henning Werker, Leiter der Hochwasserschutzzentrale Köln, derzeit aber nicht. In Bonn liegt der kritische Wert bei sieben Metern. Dann steht das Wasser am Eingang der Steinerstraße in Beuel. Das Brassertufer am Alten Zoll hingegen hat eine Uferhöhe von 8,80 Metern.

In der Bundesanstalt für Gewässerkunde in Koblenz freut man sich eher über das Anschwellen des Rheins. "Das ist nur ein gewisser Ausgleich für die ungewöhnlich große Trockenheit im vergangenen Jahr", sagt dort der Meteorologe Peter Krahe. Nicht wie in anderen Jahren erst im Oktober, sondern bereits ab Anfang Juli hatte der Rheinpegel im vergangenen Sommer dramatisch abgenommen bis zum Bonner Tiefststand von 1,10 Metern am 14. November. Dabei sei Vater Rhein mit seinen Nebenflüssen sonst außerordentlich zuverlässig. Schließlich bekommt er besonders viel Wasser aus den Mittelgebirgen, wenn der Abfluss aus den Alpen am geringsten ist.

Bis zu 30 Prozent mehr Wasser in Zukunft

Hoch- und Niedrigwasser des Rheins
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Wie sich der Wasserstand in Zukunft entwickeln wird, können Krahe und seine Kollegen dennoch nur für die ferne Zukunft tendenziell voraussagen: "Man rechnet mit feuchteren Sommern und trockenen Wintern." Angewandt auf hydrologische Modelle ergäben die durchschnittlichen Klimaszenarien für den Rhein bei Bonn im Zeitraum 2020 - 2050 im Winter eine Erhöhung der Wassermenge um fünf bis 20 Prozent. Bis zum Ende des Jahrhunderts erwarten die Prognosen im Winter zwischen fünf und 30 Prozent mehr Wasser. Für den Sommer zeigten die Prognosen erst ab 2070 einen markanten Trend - nach unten. Der Rhein könnte dann bis zu einem Viertel weniger Wasser führen als heute.

In der Vergangenheit habe es regelmäßig mehrjährige Anomalien gegeben, betont Krahe. Auch die letzten beiden Jahre hätten ohne nennenswerte Hochwasser gegen den Trend gelegen, den man angesichts des Klimawandels erwarte. "Es hängt zum Beispiel davon ab, wann die Niederschläge fallen. Im Sommer nimmt der trockene Boden sie sofort auf. Jetzt aber fließt fast alles von den gesättigten Böden in die Flüsse", erklärt Krahe. Auch Professor Bernd Diekkrüger vom Geographischen Institut der Universität Bonn warnt vor Trendaussagen. "Abflüsse sind wie Wetter beziehungsweise Witterung kurzfristige Erscheinungen und können nicht von Jahr zu Jahr verglichen werden", sagt er.

Für die Schifffahrt können sowohl Hoch- wie Niedrigwasser auf der Bundeswasserstraße Rhein problematisch werden, weiß Hartmut Streichan, der beim Wasser- und Schifffahrtsamt Köln auch für die Gewässerunterhaltung des Rheins bei Bonn zuständig ist. Während bei Niedrigwasser vor allem schwer beladene Schüttgutfrachter mit ihrem großen Tiefgang Probleme bekommen, kratzen bei Hochwasser hoch beladene große Containerschiffe an den Brücken. Derzeit werde in einem großen Projekt ermittelt, wie die Solltiefen der Rheinfahrrinne bis Koblenz womöglich erhöht werden können. Das dürfe aber keineswegs zu mehr Strömung und Abtrieb von Flusssedimenten führen, warnt Streichan.

Schließlich fräse der Rhein sich auf natürlichem Weg schon stark in den Boden. Eine Gefährdung der Trinkwasserquellen könnte die Folge sein. Außerdem seien Baumaßnahmen bei Gewässern immer extrem teuer. Eine Lösung könnte die Verengung der Fahrrinne sein. Sie würde im Sommer und Herbst die verringerte Wassermenge kanalisieren. Derzeit werde untersucht, wie viel Breite die Flussschiffe brauchen, um auch Engstellen passieren zu können. Als sinnvoll habe sich das Leitwerk an der Beueler Platte erwiesen. Es sorgt am Flussgrund dafür, dass der zwischen Bonn und Beuel wegen der Verbreiterung langsamer fließende Rhein nicht zusätzliches Sediment ablagert. "Hier mussten wir nun seit zehn Jahren nicht mehr ausbaggern."

Clemens Schmitz von der Bonner Personenschifffahrt sieht die Lage ebenfalls gelassen. Im Sommer habe man bei Niedrigwasser Unkel, Remagen und Mondorf auslassen müssen. Bis zum Fahrverbot ab einem Wasserstand von 7,70 Metern könnten die Schiffe bei Hochwasser fast alle Stationen anfahren. Ab diesem Wert "wären die Wellen der Schiffe so hoch, dass alle Ufervegetation fortgespült würde." Nur der alte Anleger in Oberkassel wäre dann längst überspült. "Ende Januar haben wir ihn auch deshalb regulär an den Bonner Bogen vor das Kameha-Hotel verlegt. Dort ist er nun hochwassersicher."

Über den aktuellen Pegelstand informiert die Stadt Bonn unter pegel.bonn.de. Eine Pegelansage gibt es unter 0228/19429. Die Hochwasserschutzzentrale Köln informiert unter 0221/22125810.

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