Urteil in Bonn Rentner aus Rhein-Sieg-Kreis missbrauchte Enkel sexuell

Rhein-Sieg-Kreis/Bonn · Weil er seinen Enkel in mindestens sechs Fällen sexuell missbraucht hat, muss ein Mann aus dem Rhein-Sieg-Kreis ins Gefängnis. Aber der Enkel war nicht das einzige Opfer.

 Symbolbild

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Foto: Benjamin Westhoff

Er habe seine Familie über mehrere Generationen zerstört, erläuterte der Vorsitzende Richter Wolfgang Schmitz-Justen in seiner Urteilsbegründung. Weil er seinen eigenen Enkel in mindestens sechs Fällen sexuell missbraucht hat, muss ein 64-jähriger Rentner aus dem Rhein-Sieg-Kreis nun für vier Jahre ins Gefängnis: Die zweite große Jugendkammer unter Schmitz-Justens Vorsitz ging davon aus, dass die Vorwürfe sich so zugetragen haben, wie es der Täter auch selber eingeräumt hatte.

Besonders tragisch sei, so Schmitz-Justen, dass die Mutter des missbrauchten Jungen ebenfalls von ihrem Vater, dem Opa des Jungen, über Jahre hinweg missbraucht worden war. Dennoch habe sie ihm später „eingeschränkt vertraut“: Dass er auch einen Jungen „anpacken“ würde, sei für die Mutter nicht vorstellbar gewesen, so der Richter.

Wie in vielen Fällen sexuellen Missbrauchs war auch der Verurteilte in seiner Jugend selbst Opfer solcher Taten gewesen. Später war er aber sozial integriert, machte nach dem Hauptschulabschluss eine Ausbildung und arbeitete im erlernten Beruf sein gesamtes Leben bis zur Verrentung.

Dass er seine Tochter über rund acht Jahre hinweg sexuell missbraucht hat, war offenbar lange Zeit niemandem aufgefallen. Erst als deren Mutter von ihr die bittere Wahrheit erfuhr, hatten die Übergriffe ein Ende: Die Wahl, ob sie ihren Vater anzeigen wolle oder nicht, überließ die Frau damals indes ihrer Tochter. Eine Entscheidung, die von der zu dieser Zeit im jugendlichen Alter wohl „ein bisschen viel verlangt sei“, wie Schmitz-Justen kommentierte.

Das sieht die Frau des Angeklagten mittlerweile auch so: Sie erlitt, nachdem sie von den Vorfällen mit dem Enkel erfuhr, einen Nervenzusammenbruch und musste ein halbes Jahr in einer Klinik behandelt werden. Sie hat, wie auch der übrige Teil der Familie, mittlerweile jeglichen Kontakt zu dem Verurteilten abgebrochen.

Offenbar konnte die Familie sich nach den Vorfällen vor knapp drei Jahrzehnten aber mit dem Geschehenen arrangieren. Der nun Verurteilte gelobte seinerzeit Besserung und gewann so über die Jahre hinweg wohl etwas Vertrauen zurück. Dennoch vertraute die damals Missbrauchte ihrem Vater aber ihren Sohn normalerweise nur in ihrem eigenen Zuhause zur Aufsicht an – ihre beiden Töchter dagegen nie.

Doch ob im Kinderzimmer oder Gartenhäuschen – wo immer sich eine Gelegenheit ergab, nutzte der Großvater sie, um sich an seinem Enkel zu vergreifen. Herausgekommen war das alles, weil der Junge einer Schwester von den Vorfällen erzählt hatte. Und als dann einmal zu klären war, wo der Junge während eines Arztbesuchs der Mutter mit ihren beiden Töchtern die Wartezeit verbringen soll, platzte das Mädchen mit der Wahrheit heraus: Nicht beim Großvater, denn der fasse ihren Bruder immer an.

Nach kurzem Abstreiten räumte der Großvater seiner Tochter gegenüber schließlich den Missbrauch des Enkels ein, begab sich in psychiatrische Behandlung und zeigte sich selbst bei der Polizei an. So ersparte er dem Kind zumindest, vor Gericht aussagen zu müssen. „Ich hasse mich für diese Taten“, erklärte der Angeklagte in seinem letzten Wort und räumte ein, dass er seine Familie damit zerstört habe.

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