"Reichsbürger" in Bonn "Reichsbürger" schüchtern städtische Mitarbeiter ein

BONN · Die Stadt Bonn hat es immer mehr mit sogenannten "Reichsbürgern" zu tun. Sie beantragten in den vergangenen Jahren vermehrt eigene Ausweise in der Staatsangehörigkeitsstelle und setzten Mitarbeiter des Stadthauses unter Druck.

Die "Reichsbürger" lehnen die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland ab. Sie halten sich nicht an bestehende Gesetze und bestreiten die Rechtmäßigkeit von Bußgeldverfahren und Ordnungsverfügungen. In Bonn treten sie nach Auskunft der Stadt "oft in kleinen Gruppen bei den Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitern auf und versuchen die Mitarbeiter mit umfangreichen verbalen Ausführungen einzuschüchtern". Das geht aus einer Antwort der Verwaltung auf eine Anfrage der Sozialliberalen hervor, die im Stadtrat nächste Woche auf der Tagesordnung steht.

Betroffen sind auch das Dienstleistungszentrum, das Standesamt, die Bußgeldstelle und die Vollstreckungsstelle der Stadtkasse. Im Standesamt sind in den vergangenen anderthalb Jahren sechs "Reichsbürger"-Fälle bekannt geworden. Die "Reichsbürger" reichen nicht nur seitenlange Pamphlete ein, warum sie Bußgelder nicht bezahlen und halten so die städtischen Mitarbeiter auf Trab. Sie versuchen laut Verwaltung auch, die Mitarbeiter "verbal einzuschüchtern". In einigen Fällen sei es zu privaten Schadenersatzforderungen an Mitarbeiter gekommen. Gewalttätige Übergriffe gab es bislang nicht.

Handlungsempfehlungen für Mitarbeiter

Zurzeit arbeitet die Stadt in Absprache mit dem Städtetag Handlungsempfehlungen für Mitarbeiter, um sie vor ungerechtfertigten Forderungen zu schützen und ihnen Rechtsschutz zu bieten. Die Verwaltung reagiert auf lange Erklärungen der "Reichsbürger" gar nicht mehr. Wenn sie Bußgelder oder Steuern nicht zahlten, würden alle Möglichkeiten der Ahndung ausgeschöpft.

Auch die Finanzbehörden haben es vermehrt mit "Reichsbürgern" zu tun, teilte die Pressestelle der Oberfinanzdirektion in Münster auf GA-Anfrage mit. Zu einzelnen Vorfällen dürfe man aus Gründen des Steuergeheimnisses allerdings nichts sagen. "Wir führen dazu auch keine Statistik." Nach Informationen des General-Anzeigers werden auch in den Finanzämtern Mitarbeiter durch die "Reichsbürger" regelrecht drangsaliert. Bekannt ist auch, dass sie generell gegen jegliche Steuerbescheide vorgehen. In der örtlichen Arbeitsagentur und beim Jobcenter seien sie bislang nicht negativ aufgefallen, sagten die jeweiligen Behördensprecher.

Wie die Bonner Polizei mitteilte, seien Behörde und Stadt in ständigem Informationsaustausch. Eingreifen mussten Beamte bislang aber noch nicht. Der Polizei sind im Großraum Bonn/Euskirchen und dem Rhein-Sieg-Kreis rund 50 "Reichsbürger" bekannt. Wie viele davon in Bonn lebten, sei nicht bekannt, so Polizeisprecher Simon Rott: "Sie outen sich vor allem bei der Rückgabe ihrer Ausweise und fallen uns hin und wieder bei Polizeikontrollen auf." Dass sie als Kollektiv gemeinsam auftreten und organisiert sind, habe die Polizei bislang nicht feststellen können", erklärte Rott.

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