Viktoriakarree in Bonn Ratsmehrheit für Verkauf an René Benko zeichnet sich ab

BONN · Der Stadtrat wird am Donnerstag im nichtöffentlichen Teil der Sitzung sehr wahrscheinlich dem österreichischen Investor René Benko den Zuschlag für das neue Viktoriakarree geben.

Für den Verkauf an die Signa-Holding des Karstadt-Eigentümers zeichnete sich gestern eine Mehrheit ab. Benko plant ein Einkaufszentrum mit rund 30 000 Quadratmetern.

"Die SPD wird für Signa stimmen", erklärt Fraktionschef Ernesto Harder. Allerdings sei die Bedingung, dass der Investor sich an bestimmte Auflagen des Bebauungsplans halte. "Wir wollen, dass die Höhe reduziert wird und im Quartier ein Mix mit Wohnen, Gastronomie und studentischer Nutzung entsteht", betont Harder. Wie aus Koalitionskreisen zu hören ist, haben sich CDU und FDP ebenfalls auf Signa festgelegt. Auch diese beiden Fraktionen bestehen aber darauf, dass Benko seine Planungen nachbessert.

Stadtbaurat Werner Wingenfeld und Alfred Beißel, der Leiter der Stabsstelle Liegenschaftsmanagement bei der Stadt, hatten noch einmal mächtig Druck gemacht, am Donnerstag sowohl über das Viktoriakarree als auch über das Nordfeld am Hauptbahnhof zu entscheiden. Beide für die Entwicklung der Innenstadt wichtigen Vorhaben haben alle Beratungsstadien durchschritten, die Angebote der Investoren liegen auf dem Tisch.

Wie berichtet, hat die Jury bei der Beurteilung der fünf Entwürfe für das Nordfeld, das Areal zwischen Bonner Loch und Thomas-Mann-Straße, zwei Pläne ins Rennen geschickt: das vor allem wegen seiner kühlen Fassadengestaltung umstrittene "Urban Soul" und "Cassius Tor".

Beim Viktoriakarree konnte sich die Signa-Gruppe mit einer vor allem auf Einzelhandel konzentrierten Lösung zwar knapp durchsetzen. Die Pläne von Hochtief sehen insbesondere Wohnungen vor. Allerdings gehören die Schlüsselimmobilien in dem Quartier bereits der Signa, die außerdem bereit wäre, die Tiefgaragenrampen am Bischofsplatz und in der Stockenstraße zurückzubauen und eine neue zu schaffen, die vor der Uni entstehen würde - das würde allerdings den Kaufpreis reduzieren, den Bonn bekäme.

Trotz eines eindeutigen Gutachtens besteht außerdem innerhalb der Fraktionen Uneinigkeit darüber, ob die Bonner City tatsächlich noch so viel Einzelhandelsfläche braucht, wie es die Signa schaffen möchte. Die Bezirksvertretung Bonn hat den Verkauf der städtischen Immobilien an die Signa abgelehnt.

Keinen Beschluss zu fälllen, bedeute einen Imageverlust für Bonn

In einer nicht-öffentlichen Mitteilung an den Rat beschwören Wingenfeld und Beißel die Kommunalpolitiker geradezu, morgen einen Beschluss herbeizuführen. Jetzt keinen Beschluss zu fällen oder gar einen Abschluss abzulehnen, bedeute nicht nur einen wirtschaftlichen Schaden, sondern auch einen Imageverlust für Bonn, heißt es.

Zum Nordfeld schreiben sie: "Die Bieter halten sich aktuell an ihre Gebote gebunden und müssen unternehmerisch Klarheit erfahren, da die Gebotsbindung auch bedeutet, dass ein mögliches unternehmerisches Engagement an anderer Stelle gegebenenfalls nicht gestartet werden kann, solange nicht klar ist, dass die Selbstbindung an Bonn nicht mehr notwendig ist."

Beim Viktoriakarree weisen die beiden darauf hin, dass nach dem Zuschlag noch ein Bebauungsplanverfahren folgt, bei dem etliche Punkte der Gestaltung diskutiert würden und "dessen Ausgang nicht präjudiziert oder gar vereinbart werden kann". Das, was die Signa als Konzeption vorgestellt habe, müsse nicht zwangsläufig umgesetzt werden.

Ein Vertrag sehe daher auch Ausstiegsregeln vor. Allerdings hätten die Bieter nach Abschluss des Ausschreibungsverfahrens nun das Recht auf eine Entscheidung. Da die Gebote "zuschlagsreif sind, birgt eine Zurückweisung beider Gebote erhebliche Schadenersatzrisiken für die Stadt", meinen Wingenfeld und Beißel.

Unterdessen hat die Eigentümerversammlung der Südüberbauung an den Rat appelliert, der Ten Brinke Group den Zuschlag für das Nordfeld zu erteilen. Indes waren wohl bei Weitem nicht alle 42 Eigentümer bei dem Treffen, auf dem, wie berichtet, Vertreter des Konzerns für ihre Pläne für die Südüberbauung geworben haben. "Das Interesse hielt sich in Grenzen", sagte ein Teilnehmer.

Die Eigentümer sähen Vorteile darin, wenn die Ten Brinke Group, die auch einen Entwurf fürs Nordfeld eingereicht hat, beide Projekte umsetzen würde. So könnten manche Geschäftsverlagerungen und Immobilientausche einfacher erfolgen. Die Eigentümer seien nach wie vor nicht über einen Verkauf ihrer Immobilienteile einig, wie es die Ten-Brinke-Projektentwickler darstellten.

Nach GA-Informationen hat der Investor die Gesamtkaufsumme für die Südüberbauung gedeckelt - sehr zum Kummer einiger Verkaufswilliger.

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